Radiokolleg - Paläomedizin

Mumien im Kampf gegen Zivilisationskrankheiten (4).
Gestaltung: Madeleine Amberger

Als sie starb, irgendwann im 14. Jahrhundert, war sie kaum älter als 25 Jahre. Die letzten Tage fristete die junge Frau in einer Lepra-Kolonie in Dänemark. Ihre exhumierten Gebeine sind beschriftet als "Jorgen 625". Diese leisteten der Wissenschaft nun ganz außerordentliche Dienste. Denn in ihren Knochen und Zähnen fanden Forscher/innen, wovon sie bestenfalls geträumt haben: Nämlich das nahezu perfekt erhaltene Erbgut des Lepra-Erregers, Mycobakterium leprae. Vergleiche der mittelalterlichen mit den modernen Lepra-Bakterienstämmen zeigen: Der Erreger hat sich über die Jahrhunderte kaum verändert. Die Evolutionsgeschichte eines Krankheitserregers kann Aufschlüsse über seine künftige Entwicklung geben. Das ermöglicht wieder die Entwicklung neuer Therapien.

Dass das Erbgut von hunderte Jahre alten Erregern überhaupt analysiert werden kann, ist der modernen DNA-Sequenziertechnik zu verdanken. Auch Fortschritte in der Computertomographie helfen, den Gesundheitszustand von Mumien zu diagnostizieren. Forscher/innen durchleuchten beispielsweise 137 Mumien aus Peru und Ägypten im Computertomographen. Einige waren mehr als 3.000 Jahre alt. Mehr als ein Drittel hatte zu Lebzeiten an Arterioskerose gelitten. Der Schluss daraus: Die Verkalkung der Arterien, die zu Herzinfarkt oder Schlaganfällen führen kann, ist also nicht unbedingt nur eine Zivilisationskrankheit.

Sendereihe

Gestaltung

  • Madeleine Amberger