Dimensionen - die Welt der Wissenschaft

Verlust der Mitte. Zum 30. Todestag des umstrittenen Kunsthistorikers Hans Sedlmayr.
Gestaltung: Ulrike Schmitzer

Der Kunsthistoriker Hans Sedlmayr veröffentlichte im Jahr 1948 ein Buch mit dem Titel "Verlust der Mitte". Es war eine rigorose Ablehnung der Moderne, eine Klage auf den Verlust des rechten Maßes. Die Moderne habe ein gestörtes Verhältnis zu Gott, zu den Mitmenschen und zur Natur. Vorbei die Zeit der Gesamtkunstwerke, in der Moderne werde alles zur Maschinenhalle, ob Theater oder Kirche. DIE ZEIT nannte die Streitschrift im Nachruf "eine geniale Beschreibung des Zerfalls der älteren Kunstformen". Sedlmayr diagnostizierte aber auch bei Künstlern wie Goya und Cezanne eine "krankhafte" Entwicklung. Kritiker sahen darin späte Nazi-Hetze. Tatsächlich war der Kunsthistoriker schon 1930 der NSDAP beigetreten.

Er war 1946 aus dem Universitätsdienst entlassen und mit einem Publikationsverbot belegt worden. Das hinderte ihn nicht daran, schon 1948 mit "Verlust der Mitte" einen Bestseller zu schreiben. 1965 baute er die Kunstgeschichte an der Universität Salzburg auf. In Salzburg gilt er als "Retter der Altstadt", war er doch Mitbegründer des Altstadterhaltungsgesetzes. "Die Aktualität Sedlmayrs", so der Kunsthistoriker Thomas Zaunschirm, "mag in einer Sehnsucht nach der ganzheitlichen Sicht liegen.

Service

Hans Sedlmayr: "Verlust der Mitte. Die bildende Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts als Symptom und Symbol der Zeit". Ullstein Sachbuch 1948

Hans H. Aurenhammer: "Hans Sedlmayr". In: Ulrike Pfisterer (Hrsg.), Klassiker der Kunstgeschichte. Band 2. Becksche Reihe 2008

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