Gedanken für den Tag

von Martin Ploderer, Schauspieler. "In Wahrheit, Freiheit und Schönheit". Gestaltung: Alexandra Mantler

"Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei, und wär' er in Ketten geboren", heißt es in Schillers "Worte des Glaubens". "Lasst Euch nicht irren des Pöbels Geschrei, nicht den Missbrauch rasender Toren. Vor dem Sklaven, wenn er die Kette bricht, vor dem freien Menschen erzittert nicht!" Als freier Mensch wünsche ich mir Freiheit für alle. Ich weiß, dass nur der innerlich freie Mensch auch meine Freiheit respektiert. Nur der Mensch, der sein Herz nicht an die Mittel hängt, an all die Dinge, die dazu da sind, uns zu dienen, sondern stets das Höhere, das Unerreichbare, das Unendliche, das Absolute im Focus hat, ohne an der Tatsache zu verzweifeln, dass er es in diesem Leben nicht erreichen kann, ahnt, was Freiheit ist. Davon bin ich überzeugt. So wie nur der Wahrhaftige die Wahrheit erkennen kann, so erfasst auch nur der freie Mensch, was Freiheit wirklich heißt.

Dennoch strebt doch jeder Mensch nach Freiheit. Er ahnt, dass es da noch etwas gibt, was zu leben, zu erleben sich lohnt. Frei ist ja für mich nicht der, der "machen kann, was er will", weiß er doch meistens gar nicht, was "sein Wille" ist. Noch weniger frei ist der, der andere unterdrücken muss, um sich einbilden zu können, sich frei zu fühlen. Frei bin ich, wenn ich den Dingen nicht mehr und nicht weniger an Wert und Stellenwert beimesse, als ihnen gebührt. Frei bin ich, wenn ich verstanden habe, dass die Dinge in dem Moment ihre Bestimmung erfahren, da sie gegeben, geschenkt werden.

In seinem Gedicht "Der Einsame" - schon der Titel ist Programm - bringt Friedrich Nietzsche in eindrücklicher Weise diese tiefe Sehnsucht des Menschen nach Freiheit auf den Punkt:

Verhasst ist mir das Folgen und das Führen.
Gehorchen? Nein! Und aber nein - Regieren!
Wer sich nicht schrecklich ist, macht niemand Schrecken:
Und nur wer Schrecken macht, kann andre führen.
Verhasst ist mir's schon, selber mich zu führen!
Ich liebe es, gleich Wald- und Meerestieren,
mich für ein gutes Weilchen zu verlieren,
in holder Irrnis grüblerisch zu hocken,
von ferne her mich endlich heimzulocken,
mich selber zu mir selber - zu verführen.

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Franz Schubert/1797 - 1828
Titel: Trio in B-Dur op.99 DV 898 für Klavier, Violine und Violoncello
* Andante un poco mosso - 2.Satz (00:08:51)
Ausführende: Haydn Trio Wien
Ausführender/Ausführende: Heinz Medjimorec /Klavier
Ausführender/Ausführende: Michael Schnitzler /Violine
Ausführender/Ausführende: Walter Schulz /Violoncello
Länge: 02:00 min
Label: Teldec 843682 ZK

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