Gedanken für den Tag

von Franz Winter, Religionswissenschaftler. "In Erwartung" - Feste als Unterbrechung des Alltags. Gestaltung: Alexandra Mantler

Sind religiöse Feste nur noch Feste des Konsums?

Im Zusammenhang mit dem Phänomen von "Festen" darf natürlich ein ganz wichtiges Thema, über das man gerne schweigt, nicht ausgeklammert werden, nämlich die Frage nach ökonomischen Interessen. Im Zusammenhang mit dem christlichen Weihnachtsfest wird das ja durchaus angesprochen und man beklagt die zunehmende Ökonomisierung und den reinen Fokus auf den wirtschaftlichen Aspekt. Das mag schon so sein, die Frage ist nur, ob das gleich in ein Lamentieren über den Untergang vermeintlich uralten Brauchtums kippen sollte.

Faktum ist, dass man auch aus der Geschichte der Religionen den Aspekt der Ökonomie nicht ausklammern darf. In der Religionswissenschaft gibt es deshalb eine eigene neuere Forschungsdisziplin, die Religionsökonomie. Wirtschaftliche Interessen sind bei vielen religionsgeschichtlichen Prozessen höchst bedeutsam und man muss sich damit auch nüchtern sachlich auseinandersetzen. In dem Zusammenhang ist ja gerade das Weihnachtsfest und seine globale Dimension ein ungeheuer interessantes Studienobjekt. Es gibt beispielsweise eine sehr ausgeprägte Popularität des Weihnachtsfestes auch in Ländern, in denen das Christentum keine große Bedeutung hat, so z.B. in Asien. In Japan wurden viele Elemente des christlichen Weihnachtsfestes übernommen. Ich erinnere mich noch an die große Überraschung, die mir selbst das bei meinem ersten, und damit noch sehr naiven ersten Japanaufenthalts in der alten Kaiserstadt Kyoto verursacht hat, wo im Dezember im ultramodernen Bahnhof dieser Stadt ein riesiger Weihnachtsbaum mit allem, was dazugehört, aufgestellt wurde - und weit und breit keine wirklich namhaften christlichen Kirchen. Das Christentum spielt in Japan ja nur eine marginale Rolle.

Hinter solchen Prozessen steht natürlich primär der globale Einfluss der US-amerikanischen Kultur. Interessant ist hier, wie Einzelelemente einer ursprünglich religiösen Tradition völlig losgelöst von ihrem Ursprung eine gesamtgesellschaftliche Wirkung entfalten können. Man sollte diese Dinge deshalb nie als Indikatoren für eine besondere Präsenz des Christentums interpretieren, so wenig, wie beispielsweise die große Popularität "christlicher" Hochzeiten in Japan irgendetwas über eine Popularität des Christentums aussagt. Es war vielmehr ein erfolgreicher Export eines Konzeptes, das eine religiöse Konnotation trägt.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Sir Edward Elgar/1857 - 1934
Titel: THE WAND OF YOUTH - Suite Nr.2 , op.1b für Orchester
* Nr.2 The little bells < Scherzino > (00:02:12)
Orchester: Academy of St.Martin in the Fields
Leitung: Sir Neville Marriner
Länge: 02:00 min
Label: Capriccio 10501

weiteren Inhalt einblenden