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Anblicke und Einsichten: Der Ö1 Bird's Song Contest

"Sicher ist es so, dass Vögel die ersten Sänger auf diesem Planeten waren, und dass der bessere, lautere und vielfältigere Sänger gewonnen hat."

Es muss eine dieser frühen Morgenstunden gewesen sein - wenn eine Vielzahl von Vögeln alle Register zieht und singt und zirpt und pfeift - als ORF-Tonmeister Martin Leitner eine Idee hatte: Anlässlich des Eurovision Song Contests, der am 23. Mai in der Wiener Stadthalle über die Bühne geht, sollten doch auch besagte Pioniere des Gesangs zu Ehren kommen. In der Ö1 Musikredaktion stieß Leitner mit seinem Vorschlag auf die offenen Ohren von Chefin Elke Tschaikner und Christian Scheib, die spontan den "Ö1 Bird's Song Contest" ins Leben riefen.

Die Hörerinnen und Hörer sind aufgerufen, noch bis zum 10. Mai Vogelstimmen, künstlerisch bearbeitet oder naturbelassen, einzusenden, auf dass die Beste oder Schönste den Wettbewerb gewinne. Die bereits eingetroffenen Beiträge klingen vielversprechend, freuen sich Tschaikner und Scheib.

Seit vielen Jahren beschäftigt sich Martin Leitner mit Tonaufnahmen von Vogelstimmen, aus privater Leidenschaft, aber auch für den Radio-Einsatz. Und gemeinsam mit dem 2007 verstorbenen "Ornithopoeten" Georg Jappe veröffentlichte Leitner vor einigen Jahren eindrucksvolle poetische Kunstwerke aus Vogel- und Menschenstimmen auf CD. Für eine gelungene Aufnahme aus der Natur braucht man übrigens nicht unbedingt die teuersten Geräte, verrät Martin Leitner, viel wichtiger sind gespitzte Ohren, viel Geduld sowie die Bereitschaft für Überraschungen.

Die Beobachtung dessen, was in der Natur passiert, war seit jeher Inspirationsquelle für die Kunst. Der US-Komponist John Cage hat das Hören auf die Klänge der Natur ausdrücklich zur Kunst erhoben. Christian Scheib hat Cage, den "godfather of listening", den Gott des Hörens, deshalb zum Patron des Bird's Song Contest gewählt

Oft wird behauptet, Natur sei das Gegenteil von Kunst. Auf den Gesang von Vögeln trifft dies jedenfalls nicht zu, erklärt Martin Leitner. Die Beurteilung der Ästhetik liegt im Ohr des Hörers. - Fragt sich nur, wie lang der Mensch sich noch an Vogelstimmen ungetrübt erfreuen kann. Denn zu den Widersprüchen unserer Zeit gehört es, dass die technische Ausrüstung einerseits jedem Hobby-Ornithologen hochwertige Aufnahmen ermöglicht, andererseits wird der Raum, in dem diese Aufnahmen ohne Störgeräusche gemacht werden können, immer knapper. Martin Leitner reagiert darauf, indem er die Umgebung miteinbezieht. Er empfiehlt übrigens ein Mikrofon mit Kugelcharakteristik, weil dieses nach allen Seiten hin gleich empfindlich ist, was am ehesten unserem natürlichen Hören entspricht. Und überhaupt, was das Hören betrifft: da lernt man ohnehin nie aus. Je differenzierter man hört, desto besser kann man die Vielfalt der Welt erfahren, so Martin Leitner. - Gestaltung: Christa Eder

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