Leporello

Die Hörspielfassung des Ulysses in Ö1

30 Sekunden dauert die Zusammenfassung des 1000-seitigen Werks, das jeder kennt und kaum jemand zur Gänze gelesen hat: James Joyce' "Ulysses", das epochale Buch der Moderne, das an einem einzigen Tag, den 16.Juni 1904, im Leben des Leopold Bloom in Dublin spielt. Am kommenden Dienstag wird weltweit wieder der Bloomsday begangen. Schon heute Abend wird im Wiener Radiokulturhaus eine "Irish Night" gefeiert, und morgen Samstag ist der Ulysses in einer Hörspielfassung des Regisseurs und Musikers Klaus Buhlert in Österreich 1 zu hören. Dauer: 1290 Minuten, das sind knapp 22 Stunden. Um 8 Uhr 10 geht's los. Frühstückszeit!

Nur Nachrichten und das Samstag-Mittagsjournal unterbrechen den Ulysses in Klaus Buhlerts Hörspielfassung, in der u.a. Dietmar Bär als Leopold Bloom, Birgit Minichmayr als dessen Frau Molly und Jens Harzer als Stephen Dedalus zu hören sind.

James Joyce verwendete für seinen erstmals 1922 erschienenen Ulysses die Odyssee Homers als Schablone; der großen Reise des Odysseus entspricht im Ulysses eine Irrfahrt durch Dublin, die keinen großen Helden hervorbringt und oberflächlich betrachtet auch nicht gerade rasend spannend ist

Die Sprache im Ulysses ist ein Potpourri aus verschiedensten Stilen. James Joyce, dessen Ulysseus vom Schriftsteller Hans Wollschläger kongenial ins Deutsche übersetzt wurde, lässt seine Protagonisten in ihrem je eigenen Dialekt sprechen. Vor allem aber ist die Sprache im Ulysses durchwegs von einer Musik begleitet, die sich aufmerksamen Ohren assoziativ erschließt. Regisseur Buhlert, der nicht nur Bearbeiter und Regisseur der Hörfunkfassung ist, sondern auch der Komponist, hat der Musik im Ulysses den ihr gebührenden Raum gegeben

Die Handlung des Ulysses, wenn man sie denn so nennen kann, ist eine Irrfahrt durch Dublin, parallel dazu erhält man auch Einblick in die zerrüttete Seele des Protagonisten. Das Buch ist eine Collage aus Gedankenfetzen - wie gemacht für ein Radiokunstwerk, dessen Grundlage ebenfalls die OTon-Collage ist. Während Homer seinen Odysseus auf eine große Reise schickt, werden in James Joyce Ulysses allerdings keine Kilometer gemacht.

Zwei Jahre hat Klaus Buhlert an seiner Hörspielfassung des Ulysses gearbeitet. Am 16. Juni, dem Bloomsday 2012, wurde sie erstmals von SWR und Deutschlandfunk ausgestrahlt; dass er rechtzeitig fertig wurde, erstaunt Buhlert bis heute, immerhin war schon der alte Meister, James Joyce, kein Ausbund an Disziplin.

An die 22 Stunden Ulysses in Ö1: wer sich die komplette Sendung anhören will, muss das Weltgeschehen und sein Alltagsleben für einen Tag ausblenden und eine Welt der Kunst betreten.
Am Sonntag um 8 Uhr früh ist es dann soweit: der Tag des Leopold Bloom ist zu Ende, er geht schlafen - und vielleicht tut es der eine oder die andere vor dem Radioapparat ihm ermattet gleich.- Gestaltung: Christa Eder

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