Logos - Theologie und Leben

"Was glauben Sie?" - Der internationale Alpenforscher Werner Bätzing. Gestaltung: Johannes Kaup

Er wird der "Papst der Alpen" genannt (Zeitschrift "Bergsteiger"), obwohl er sich nicht als religiös versteht. Doch selbst ein Reinhold Messner hört auf den weltweit renommierten Forscher, wenn dieser die Stimme für seine große Liebe, die Alpen, erhebt. Zum Beispiel, wenn er - wie in seiner jüngsten Streitschrift "Zwischen Wildnis und Freizeitpark" (Rotpunktverlag) - vieles, was in den Alpen und mit den Alpen passiert, nur noch schrecklich findet. Die Diagnose ist klar: Die Bewirtschaftung der alpinen Täler lohnt sich immer weniger. In der Folge ziehen die Jungen weg und die Alten sterben langsam aus. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen haben sich in den letzten 100 Jahren halbiert. Die Alpen, wie wir sie heute kennen, sind eine Kulturlandschaft. Aber sie beginnen zu verwildern, beklagt Werner Bätzing. Nur in den wenigen Tourismus-Zentren und in den tiefen Tallagen findet die Bevölkerung eine Zukunft. Diese ereignet sich allerdings in zunehmend verstädterten Regionen, die Gefahr laufen, zu verwechselbaren urbanen Konsum- und Wirtschaftszentren zu werden.

So gibt es beispielsweise Berater, die dafür plädieren, dass sich der Staat aus der Förderung der peripheren Alpenregionen zurückziehen soll, um nur die größeren urbanen Zentren der Alpen für den globalen Wettbewerb "fit zu machen". Die Alpen sollten zur "alpinen Brache" werden, zur Wildnis oder als Fun- und Freizeitpark für Touristen. Übersehen werden die dezentralen Potenziale in den alpinen Regionen, die nur deshalb nicht genutzt werden, weil sie in der globalisierten Welt nicht mehr genug Ertrag abzuwerfen scheinen. Werner Bätzing entwirft demgegenüber ein Bild der Alpen als "Orte des guten Lebens". Seine Frau Evelyne Hanzig-Bätzing ist Philosophin und auch Psychoanalytikerin. Mit ihr teilt er das gemeinsame Interesse an sozialen Fragen und der Welt-Umwelt-Beziehung des Menschen. In dem gemeinsamen Buch "Entgrenzte Welten" (Rotpunktverlag) beschreibt das Paar die zunehmende Entmenschlichung der Welt durch die Globalisierung und schlägt Gegenstrategien vor.

Werner Bätzing war Pfarrerssohn. Er hat ursprünglich evangelische Theologie studiert, wandte sich aber vom Glauben ab, wurde Buchhändler und dann Kulturgeograf. Kürzlich emeritierte er als Professor für Kulturgeografie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Neben zahlreichen Wanderführern hat er ein Standardwerk publiziert: "Die Alpen - Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft" (Verlag C. H. Beck), das in vierter Neufassung 2015 erschienen ist.

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