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Wolfgang Popp: Buch "Wüste Welt"

"Ein Mann allein in der Landschaft, völlig reduziert auf das unmittelbare Überleben, das ist ein Sehnsuchtsraum, ein Sehnsuchtsort für viele."

Die Landschaft: das ist eine Wüste. Und der Mann, der es darin mit den nackten Tatsachen seiner Existenz zu tun bekommt, ist der Protagonist im neuen Buch von Wolfgang Popp. "Wüste Welt" heißt das soeben in der edition atelier erschienene Werk. Der Held ist ein Musiker, der mit einem Song von Bonnie Prince Billie als Art Reiseanleitung nach Marokko fährt, um seinen verschwundenen Bruder zu suchen. Doch die Reise führt schließlich nicht nur in die Musikwelt uralter Kulturen, sondern unversehens auch in die Tiefen seiner eigenen Seele. Kein Medium eignet sich als Begleiter auf einem solchen Trip besser als Musik, so Wolfgang Popp. Und die beste Grundlage dafür bietet der Sand.

Wolfgang Popp schickt seinen Abenteurer in die Wüste, um eine größtmögliche Leere zu erzeugen: Durch seine Beschäftigung mit dem Buddhismus weiß der Autor, dass in einem Zustand, völlig frei von Ablenkungen, alles möglich wird.

Wolfgang Popp ist Ö1-Kulturredakteur und ein aufgeklärter Autor des 21.Jahrhunderts - in seinem Buch geht es dennoch um Geister. Wie ein Mantra spielt der Mann in der Wüste das Lied von Bonnie Prince Billy in einem Endlosloop ab, einmal singt er es auch selbst, um ihn herum nur Sanddünen und der Horizont - und driftet dabei in eine Art Zwischenwelt ab. - Die Geister, die den Sänger in der Wüste heimsuchen, sind die Schatten seiner Vergangenheit. Ängste und Sehnsüchte: Emotionen, die von der Zivilisation bereits verschüttet waren

Die ekstatische Musik bei einer Geisterbeschwörung mitten in der Wüste stürzt den Reisenden in Gefühlswelten, die ihm bis dahin unbekannt waren. Die Geister, die Wolfgang Popp meint, agieren fernab jeglicher Esoterik. In aufgeklärten Kulturen stehen sie, so der Autor, für Gefühle, die unter dem harten Panzer der Zivilisation verborgen sind; in einer archaischen Kultur begegnet man ihnen unverstellt.

Heute Abend präsentiert Wolfgang Popp sein Buch, es ist übrigens der letzte Teil seiner Trilogie des Verschwindens, im Wiener Literaturhaus. Und wie schon bei den vorangegangen Büchern hat der Autor auch in "Wüste Welt" die Stätten des Geschehens selbst bereist. Jeden Schritt seines Protagonisten in Marokko ist er ebenfalls gegangen. Unerforschte Gebiete sind auf dem Globus rar geworden, doch das sind ohnehin nur Äußerlichkeiten. Spannend wäre es, so Wolfgang Popp, auch verschwunden geglaubte Innenwelten zu erforschen. In diesem Sinne wünscht er: eine gute Reise.- Gestaltung: Christa Eder

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Wolfgang Popp Wüste Welt (Edition Atelier, 2015)

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Wolfgang Popp, Foto: Edition Atelier

Buchpräsentation Mi, 27.01.2016, um 19.00 Uhr im Literaturhaus, Seidengasse 13, 7. Bezirk

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