Betrifft: Geschichte

Die Bürger von Athen. Vom Ursprung der Demokratie im alten Griechenland. Mit Kurt A. Raaflaub, Prof. emer. f. Ancient Studies, Brown University, Providence, Rhode Island.
Gestaltung: Martin Adel

Rund um das Jahr 600 v. Chr. schaffte Solon mit einem Interessen-Ausgleich zwischen den athenischen Adelsfamilien und den Kleinbauern die Grundlage für einen Zustand der Rechtssicherheit und der Gleichheit vor dem Gesetz, die u.a. auch häufige Schuldknechtschaft verhinderte. Er erwirkte überdies den Rückkauf der wegen ihrer Schulden als Sklaven verkauften Bürger. Erst die schwere wirtschaftliche Krise, in die Athen geraten war, weil sich die besonders in Kleinasien und auf Sizilien gegründeten Kolonien weit besser entwickelt hatten als Athen selbst, erst diese Krise erlaubte so weitreichende Reformen und Zugeständnisse im Verfassungsrang. Darin wurde erstmals die direkte demokratische Beteiligung an politischen Entscheidungen wie auch die Einbeziehung der Vollbürger in das Rechtssystem festgeschrieben.

Aber erst die Perserkriege und insbesondere die Siege von Salamis (480 v.) und Platää (479 v.) stärkten durch die vereinten Anstrengungen gegen den äußeren Feind das Gemeinwesen der Polis. Sukzessive wurden die obersten richterlichen Entscheidungen der Oberschicht entwunden und das Gewicht der Mittelschicht nahm zu. Engagierte Bürgerbeteiligung galt als Tugend, und unter Perikles erhielten Amtsträger mit geringem Einkommen etwa fixe Diäten als Entschädigung. Etwa um 450, kann man also sagen, war die attische Demokratie weitestgehend ausgebaut - was aber nicht bedeutet, dass es nicht auch weiterhin eine mächtige Oppositionspartei der Aristokraten gab. Dieser Partei gelang es etwa, ein Gesetz durchzubringen, das Areligiosität bzw. Atheismus unter schwere Strafen stellte. Die Folge waren ein Exodus der naturwissenschaftlich-agnostischen Intelligenz und die Dominanz einer reinen, formalen Logik anstelle etwa des sophistischen Kritizismus. Rhetorik und Logik, das waren nun aber auch die wichtigsten Fertigkeiten oder Künste in einer Gesellschaftsform, in der Gerichtsverfahren zum täglichen Geschäft wurden.

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