Zwischenruf

von Pfarrerin Sieglinde Pfänder (Oberwart, Burgenland)

Engel . Menschen, die Hoffnung schenken!

Engel, wo ich hinschaue, aus Holz, aus Metall, aus Plastik, aus Gold. Mal groß und dominant, mal filigran und klein. Engel, pausbäckig und barock, schlicht und einfach oder übertrieben kitschig. Engel, ich erlebe sie als Ausdruck der Sehnsucht, Gott irgendwie begreifbar nahe zu haben.

Engel haben Hochkonjunktur, immerhin ist bald Weihnachten. Engel haben seit jeher aber auch einen ganz klaren Auftrag. Engel kümmern sich um Gottes Menschenkinder! Sie nehmen ihnen die Angst vor dem Leben. Ich denke an die Engel, die rund um die Geburt von Jesus Christus aktiv geworden sind. Engel sind Boten und Botinnen Gottes, die uns Menschen die Angst vor den veränderten Umständen nehmen.

"Fürchtet euch nicht!", das ist ihre Kernbotschaft. "Fürchtet euch nicht, Gott ist mit euch!" Fürchtet euch nicht, wenn es mitten in der Nacht taghell wird. Gott zeigt sich auf diese Weise. Fürchtet euch nicht, wenn die Umkehrung der Verhältnisse eingeläutet wird! Gott schafft auf seine Weise Gerechtigkeit.

Das Versprechen, dass Gott seine Engel auf den Plan ruft, wenn wir nicht weiterwissen, veranlasst ganz viele Eltern dazu, den Psalm 91/11 als Taufspruch für ihre Kinder zu wählen: "Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten, auf allen deinen Wegen!" Vielleicht brauchen wir diesen persönlichen Zuspruch, weil wir Gott so klein denken, dass wir ihm nicht zutrauen, dass er selbst uns durch das Leben tragen kann.

Vielleicht brauchen wir diesen Zuspruch aber auch, weil wir in der gelebten Realität die Erfahrung machen, dass sie rar geworden sind, diese Engel. Diese warmherzigen und großzügigen Menschen, die sich von Gott in den Dienst nehmen lassen, um anderen Menschen Hoffnung zu schenken.

Oder sind Sie erst kürzlich einem Engel begegnet? Renate zum Beispiel, die jede Woche 3 Stunden Zeit verschenkt, um alten Menschen ehrenamtlich Essen auf Rädern zuzustellen. Manchmal winkt sie mir aus ihrem Diakonieauto zu. Oder Zia, der junge Afghane geht einmal in der Woche mit dem blinden Witwer aus dem Ort spazieren. Oder Martha, seit Jahren besucht sie krebskranke Menschen, hört zu, muntert auf, manchmal sitzt sie auch nur schweigend da und hält stumm eine Hand.

Was macht einen Engel aus, frage ich mich? Was unterscheidet sie von anderen Menschen?

Engel, das sind Menschen, die Hoffnung schenken. Menschen, die da bleiben, wenn es kritisch wird. Menschen, die Mut zusprechen und sich auch mal die Hände schmutzig machen, wenn es nötig ist. Menschen, die uns die Augen öffnen. Menschen, die uns helfen, schmerzliche Wahrheiten zu verkraften. Menschen, die uns lieben, so wie wir sind. Menschen, die uns himmlische Erfahrungen schenken, die uns spüren, ahnen, begreifen, manchmal sogar schmecken lassen, wie sich der Himmel mitten unter uns anfühlen könnte.

Meine Erfahrung ist, dass sie rar geworden sind, die Engel, die Menschen, die sich von Gott in den Dienst nehmen lassen, um anderen Hoffnung zu schenken. Ich erlebe derzeit, dass die Angst bei vielen Menschen den Ton angibt. Ich höre, dass gezielt Pessimismus verbreitet wird und ich bemerke, dass Menschen sich gegeneinander aufhetzen lassen.

Darum bin ich verstärkt auf der Suche nach Engeln. Nicht nach Engeln aus der Shoppingwelt, sondern nach echten Engeln, nach solchen aus Fleisch und Blut. Nach warmherzigen, mutigen Menschen, die voller Hoffnung sind und von diesem Zuspruch Gottes leben: "Fürchte dich nicht . ich bin da, ich bin mit dir!" Ich halte Ausschau nach Männern, Frauen und Kindern, die tolerant sind und vertrauensvoll in die Zukunft schauen, weil sie von der Freiheit leben, die der Geist Gottes uns schenkt. Menschen wie Renate, Zia oder Martha zum Beispiel.

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