Peter Weiss

Andrej Reiser / Suhrkamp Verlag

Radiogeschichten

Ex-Libris-Nachlese. "Die Ästhetik des Widerstands". Von Peter Weiss. Gestaltung: Peter Zimmermann
Es liest Detlev Eckstein

Am 8. November vor 100 Jahren wurde der deutsche Schriftsteller Peter Weiss geboren. Der Sohn eines jüdischen Textilwarenhändlers wuchs in Bremen auf, emigrierte mit den Eltern 1935 nach England und lebte seit 1940 bis zu seinem Tod 1982 in Schweden. Berühmt wurde er in den sechziger Jahren als Dramatiker, indem er versuchte, das Theater als Ort der politischen Aufklärung, des Verhandelns über die Wahrheit hinter den ideologischen Masken, neu zu deuten.

Anders als Bertolt Brecht mit seiner Verfremdung ging es Weiss in Stücken wie "Marat/Sade", "Die Ermittlung" oder "Viet Nam Diskurs" um die Dokumentation politischer Ereignisse in ihrer vielfältigen Deutbarkeit - der politischen, der medialen, der historischen, um mit dem Publikum herauszufinden, welche Sicht der Wahrheit am nächsten kommt.

Heute neigen wir dazu, den Begriff Wahrheit in keiner Weise als absolute Größe zu sehen, als gelte es, bloß ideologischen Ballast beiseitezuschaffen, um mit einiger Anstrengung den Grund aller Dinge zu erkennen.

1972 begann Peter Weiss am Roman "Die Ästhetik des Widerstands" zu arbeiten, den er 1981 abschloss. In diesem umfangreichen Werk, das zwischen 1937 und 1945 spielt, thematisiert Weiss genau diese Suchbewegung, die von der Emanzipation mittels Kultur zur Befreiung durch Wissen führt.
Die zentrale Figur im Roman ist ein namenlos bleibender, fiktiver deutscher Arbeiter und Widerstandskämpfer, den Weiss, wie er selbst bemerkte, mit seiner eigenen Wunschbiografie versehen hat.

Dieser Arbeiter leidet darunter, dass er, der Proletarier, sich nur unter sehr großen Anstrengungen bilden kann, doch benötigt er Bildung, um die Welt zu deuten und sein Verhalten im Klassenkampf darauf einstellen zu können. Im schwedischen Exil begegnet er Bertolt Brecht, von dem er Einblick erhält in die Arbeitsstruktur eines Autors und das effektvolle Schreiben lernt. Er versucht sich anschließend als Journalist und bekommt zunehmend den Eindruck, dass er an Macht gewonnen hat, seit er in der Lage ist, die Welt literarisch zu beschreiben.

Service

Aus: "Die Ästhetik des Widerstands". Von Peter Weiss; Suhrkamp Verlag

Sendereihe

Gestaltung

  • Peter Zimmermann