Zwischenruf

Olivier Dantine und der Lutherische Weltbund

Über die jüngste Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes in Südafrika unter dem Motto "Befreit aus Gottes Gnade" resümiert Olivier Dantine, Superintendent der evangelischen Diözese Salzburg-Tirol. - Gestaltung: Martin Gross

"Befreit aus Gottes Gnade" - unter diesem Motto tagte vor einem Monat die 12. Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes, auch ich war dabei. Rund 300 Delegierte und mindestens nochmal so viele Beobachter und Gäste aus über 90 Ländern weltweit kamen in Windhoek, der Hauptstadt Namibias im südlichen Afrika zusammen.

Schon der Austragungsort war ein wichtiges Zeichen: Dass die Vollversammlung im Jahr des Jubiläums "500 Jahre Reformation" nicht etwa in Deutschland und nicht einmal in Europa stattfand macht deutlich, dass Reformation nicht allein ein europäisches Phänomen ist. Aus der Reformation ist eine weltweite Gemeinschaft von Christen entstanden, die miteinander und füreinander Verantwortung übernehmen und sich gegenseitig solidarisch zeigen.

Dies ist besonders an der Geschichte Namibias deutlich zu machen. Namibia ist das einzige Land außerhalb Europas, in dem die Lutheraner die größte Konfessionsgruppe darstellen. Lange Zeit war Namibia als Südwestafrika unter der Verwaltung des südafrikanischen Apartheid-Regimes. Der Lutherische Weltbund hat lokale Kirchen in ihrem Widerstand gegen die Apartheid unterstützt. Der Kampf gegen dieses System der Rassentrennung wurde zu einer Frage des Bekenntnisses zum Gott, der alle Menschen unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Volks- und Religionszugehörigkeit sowie Hautfarbe zu seinem Ebenbild geschaffen hat.

Da wurden auch deutliche Zeichen gegenüber den Lutherischen Kirchen gesetzt, die sich nicht ausreichend gegen die Apartheid gestellt haben, da wurde in den 80er Jahren auch Kirchen vorübergehend die Mitgliedschaft im Lutherischen Weltbund suspendiert. Auch nach dem Ende der Apartheid und nach der Unabhängigkeit Namibias unterstützte der Lutherische Weltbund das Land im Aufbau. Gerade bei immer wieder auftretenden Dürren ist das Hilfsprogramm des Lutherischen Weltbundes zur Stelle.

Der Welt zugewandt will die Lutherische Weltgemeinschaft sein, das wurde in Windhoek deutlich. Dies zeigt das Motto der Vollversammlung "Befreit aus Gottes Gnade". Weil wir von der Sorge um uns selbst befreit sind, können und sollen wir Verantwortung für die Welt und für die Menschen übernehmen. Und das tun die Kirchen in vielfältiger Weise. Bei Versöhnung, im Schutz der Würde des Menschen, in der Bewahrung der Schöpfung.

Für mich besonders berührend war, dass viele Delegierte aus ihren Ländern über die Verletzung der Menschenwürde berichtet haben: Viele Menschen, gerade besonders arme Menschen oder Flüchtlinge werden Opfer der Ausbeutung ihrer Arbeitskraft oder werden in Sklaverei oder Prostitution gedrängt. Gerade Frauen und Kinder sind sehr oft Opfer von Gewalt, sehr häufig auch sexueller Gewalt. Hier sind alle Mitgliedskirchen aufgefordert worden, sich in Programmen gegen diese Gewalt zu engagieren. Wo sich Kirchen nicht für den Schutz von verletzlichen Menschen vor Gewalt, vor allem Frauen und Kinder einsetzen, oder gar in sich selbst Gewalt dulden, verletzen sie die Gottebenbildlichkeit des Menschen und verfehlen ihren Auftrag.

Zur Bewahrung der Schöpfung gab es das klare Bekenntnis zu einem größeren Engagement auch der Kirchen selbst für den Klimaschutz aber auch für den Erhalt der Artenvielfalt. Es wurde uns Delegierten deutlich vor Augen geführt, dass für den Erhalt der Umwelt auch das Wirtschaftssystem überdacht werden muss. Die alleinige Orientierung auf das Wachstum ist nicht vereinbar mit dem Schutz des Klimas. Ich halte diese Botschaft für besonders wichtig, gerade in Zeiten, in denen von Seiten der USA das Klimaschutzabkommen aufgekündigt wurde, und auch die österreichische Regierung daran denkt, Wachstum als Staatsziel in der Verfassung zu verankern.

Vieles habe ich erfahren in Namibia, bestärkt worden bin ich in meiner Hoffnung darin, dass Kirche Zukunft hat. Sie hat Zukunft, weil sie sich nicht um sich selbst sorgt, sondern sich ihrer Aufgaben des Dienstes in der Welt stellt.

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