Adolf Hitler, 1930

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Gedanken für den Tag

Rainer Bucher zum Ö1-Schwerpunkt "80 Jahre Anschluss"

"Adolf Hitler. Versuchungen und Lehren" - Zur Ö1-Schwerpunktwoche "80 Jahre Anschluss". Der katholische Theologe und Autor Rainer Bucher legt dar, warum die nationalsozialistischen Heilsversprechen so fatale Versuchungen waren. - Gestaltung: Alexandra Mantler

In seinem erschütternden Buch "Täter" berichtet Harald Welzer, wie man in den NS-Einsatzgruppen ausführlich darüber diskutierte, ob es angebracht sei, zuerst die Kinder und dann die Mütter zu erschießen oder umgekehrt. Man wolle ja schließlich, Zitat, "keine unnötigen Quälereien . verursachen."

Schließlich wurde angeordnet, "bei Müttern mit Säuglingen zuerst die Frauen zu erschießen, damit diese nicht kurz vor ihrem Tod die Tötung ihres Kindes erleben müssen". Man hielt das für humaner.

Welzers Buch zeigt die Genozidforschung überhaupt: Es ist nicht sehr schwer, ganze Gesellschaften ins Böse zu verführen. Man muss nur seitens der Obrigkeit eine bestimmte Menschengruppe aus dem Lebensschutzgebot herausnehmen. Dann wird es erlaubt, ja wie man meint sogar "geboten", Menschen zu quälen und zu töten.

Himmlers Posener Rede vom 4. Oktober 1943, in der er die Ermordung der Juden als "niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes" Ruhmesblatt der deutschen Geschichte feiert, geleistet von Männern, die dabei "anständig" und "unverdorben" geblieben seien, bildet den schrecklichen Höhepunkt dieses Denkens.

Menschliches Leben ist ambivalent, zerbrechlich und gefährdet. Wenn man das nicht wahrhaben will, wenn man diese Ambivalenz durch die Eliminierung der dafür angeblich Verantwortlichen beseitigen will, dann wird man böse. Man kürzt den Weg in das ersehnte Paradies einer stimmigen, durchsichtigen, heimatlichen Welt ab. Das Böse ist die Abkürzung ins Paradies des Lebens, wie man es ersehnt - an der Ambivalenz der Welt vorbei. Theologisch gesprochen: Es ist der Weg am Kreuz vorbei.

Die Ambivalenz der Welt nicht aushalten können und mit Gewalt die Abkürzung ins Paradies einer nicht-ambivalenten Welt gehen zu wollen: Das ist das Wesen des Bösen. Hitlers Projekt war durch und durch böse.

Service

Buch, Rainer Bucher, "Hitlers Theologie", Verlag Echter

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Sendereihe

Gestaltung

Übersicht

Playlist

Komponist/Komponistin: Maurice Horsthuis
Album: WINTER THEME
Titel: Winter
Ausführende: Amsterdam String Trio
Ausführender/Ausführende: Ernst Glerum /Bass
Ausführender/Ausführende: Maurice Horsthuis /Viola
Ausführender/Ausführende: Ernst Reijseger /Violoncello
Länge: 02:00 min
Label: Winter & Winter 9100602

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