Kirchturm mit Kreuz

AFP/KAMIL KRZACZYNSKI

Gedanken für den Tag

Franz Josef Weißenböck über den "Welttag der Religionen"

"Deutung des Weltganzen". Der katholische Theologe Franz Josef Weißenböck stellt Fragen wie "Was ist Religion?", "Haben alle Menschen Religion?", "Verändert sich Religion?" - Gestaltung: Alexandra Mantler

Die meisten Religionen haben einen Mittelpunkt, den man "das Heilige" nennen kann. Dieses Heilige hat ein doppeltes Gesicht, wie die meisten Religionen. Es ist anziehend, heilbringend, Leben spendend, ein "Segen" - es kann aber auch furchtbar, erschreckend, todbringend, ein "Fluch" sein.

Über die Urformen von Religion haben wir nur Vermutungen, aber kaum gesichertes Wissen. Ich erinnere mich an riesige Felsblöcke, die Menschen der Jungsteinzeit vermutlich zu Kultstätten zusammengestellt haben. Man findet sie auf Malta, ganz ähnlich auf den Orkney-Inseln und in der östlichen Türkei. Wenn es Tempel waren - wem waren sie geweiht? Den freundlichen Gottheiten des Lichts der Oberwelt - oder den Todesgöttern der Unterwelt? Welchen Zwecken mögen sie gedient haben?

Man darf vermuten, dass es heilige Orte waren, Sakralstätten. Das lateinische Wort sacer kann beides heißen: den Gottheiten des Himmels geweiht, also heilig - oder den Todesgöttern der Unterwelt - also verflucht. Einen fernen Nachklang dieser bedrohlichen Seite der Gottheit und der Religion kann man noch im Wort "Gottesfurcht" nachklingen hören. Im alten Akkadisch bedeutet Gottesfurcht wörtlich "voll Angst". Das Heilige ist auch das Unheimliche - lang vor dem Aufkommen des Begriffs Transzendenz.

Zur Religion scheint die Unterscheidung zwischen einer göttlichen und einer nicht göttlichen Sphäre zu gehören. Es gibt das fanum, das Heiligtum, und das, was vor dem Heiligtum liegt, das Profane. Nur ganz wenigen auserwählten Personen ist es erlaubt, das Heiligtum zu betreten.

Man muss nur im Hochsommer eine unserer gotischen Kathedralen oder barocken Kirchen betreten um zu sehen, wie sehr der Unterschied zwischen dem Heiligtum und dem profanen Raum bereits verwischt wurde. Zu hoffen bleibt, dass dies nicht ein Zeichen für einen generellen Verlust an Respekt abbildet.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Thomas Newman
Bearbeiter/Bearbeiterin: Thomas Pasatieri /Orchestrierung
Vorlage: Max Allen Collins
Gesamttitel: ROAD TO PERDITION / Original Filmmusik
Titel: Cathedral (enthält Ausschnitte aus "Alma Redemptoris Mater")
Untertitel: MUSIC FROM THE MOTION PICTURE
Leitung: Thomas Newman
Orchester: Filmorchester
Chor: Choir of King's College, Cambridge
Länge: 02:40 min
Label: Decca/Universal Classics/UMG S

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