Karl Jaspers

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Gedanken für den Tag

Wolfgang Müller-Funk über Karl Jaspers

"Spurensuche des vergangenen Jahrhunderts". Anlässlich 50. Todestages von Karl Jaspers ruft der Literaturwissenschafter Wolfgang Müller-Funk Stichworte aus dessen Werk und dem Briefwechsel mit Hannah Arendt in Erinnerung. - Gestaltung: Alexandra Mantler

Nietzsche und Kierkegaard sind für den Existenzphilosophen Karl Jaspers jene beiden Denker, die einschneidend sind, Denker, an denen kein moderner denkender Mensch vorbeikommt. Sie haben die religiösen Gewissheiten erschüttert und zugleich jene Dimension des Menschlichen freigelegt, auf die sie sich bezogen. Der moderne Mensch, der Gott philosophisch erschüttert, ist verwaist, entblößt und einsam.

Die Krise des Humanismus, die in den Katastrophen des 20. Jahrhunderts auf so eindrückliche wie schreckliche Weise zutage getreten ist, hat mit dem Tod Gottes zu tun. Fast scheint es so, als ob die Philosophie, die eine der persönlichen wie politischen Existenz ist, die Erbschaft der biblischen Religion angetreten hat, ohne freilich jene Gewissheit anbieten zu können wie einstmals die Religion. Zur Einsamkeit gesellt sich eine Pluralität, die ihre Verbindlichkeit nicht mehr aus einer unumstößlichen Wahrheit zu ziehen vermag. Um diesen Befund kreist Jaspers Suche nach einer neuen Humanität, man könnte auch sagen nach einem Posthumanismus, der nicht einfach falsch-nostalgisch auf den ja selbst nicht unproblematischen Humanismus zurückgreift, der ein beschönigendes Bild der Menschen enthält.

Wahrheit und Freiheit sind für Jaspers untrennbar verbunden, aber sie bedürfen eines dritten, der Hinwendung zum Anderen. Wahrheit benötigt einen gemeinsamen Raum, und in dieser Gemeinsamkeit steckt die Möglichkeit eines friedfertigen Miteinanders im Lebensvollzug wie in der Polis: Jaspers zufolge hört Wahrheit auf "in der Vereinzelung trotzigen Soseins und Sowollens, mit der Blindheit der Seele und der Taubheit des Geistes, mit dem Abbruch der Kommunikation."

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Sergej Rachmaninoff/1873 - 1943
Album: KONTRABASS POPULÄR
Titel: Vocalise op.34 Nr.14 / Bearbeitung für Kontrabaß und Klavier
Solist/Solistin: Klaus Trumpf /Kontrabaß
Solist/Solistin: Klaus Kirbach /Klavier
Länge: 03:36 min
Label: Ars vivendi 210059

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