Mund von Donald Trump

AP/MANUEL BALCE CENETA

Radiokolleg

Die Macht der Worte

Wie Sprache unser Denken und Handeln bestimmt (1). Gestaltung: Tanja Malle

Worte haben bemerkenswerte Wirkung. Hören Menschen, dass sich eine Person im fünften Stock befindet, wandert ihr Blick automatisch nach oben. Lesen sie den Satz "John tritt den Ball", aktiviert ihr Gehirn jenen Bereich, der für das Planen von Fußbewegungen zuständig ist. Wer das Bild eines Geparden zu sehen bekam, schätzte die Geschwindigkeit eines Läufers schneller ein, als der, dem das Bild einer Schildkröte gezeigt wurde.

Zu diesen Ergebnissen kommen Kognitionswissenschafter/innen. Das bedeutet: Das Gehirn simuliert den Inhalt von Sprache automatisch, um ihn zu begreifen. Und es überträgt Gehörtes oder Gelesenes auf andere Dinge und Menschen, die mit dem Erlebten nichts zu tun haben. Das alles passiert unbemerkt.
Politikerinnen und Politiker nutzen das. Sie verwenden Worte bewusst, um in unseren Köpfen so genannte Frames zu stärken. Gemeint sind damit Interpretationsrahmen, die das Gehörte oder Gesehene mit Bedeutung aufladen.

Ein Beispiel ist das Wort Steuerlast, das Steuern als Belastung darstellt. Tatsächlich aber werden über Steuern auch Krankenhäuser, Schulen und das Verkehrsnetz finanziert. Weitere Beispiele sind etwa die Begriffe Flüchtlingswelle und Flüchtlingsstrom - geflüchtete Menschen werden dabei als Wassermassen, als lebensbedrohliche Naturkatastrophe, dargestellt. Damit wird das Bild einer Bedrohung gezeichnet, der nur beizukommen ist, indem die Schotten dicht gemacht werden - oder, indem, wie von dem US-Präsidenten Donald Trump gefordert, eine undurchlässige Mauer errichtet wird.

Durch gezielte Provokationen und die Bereitschaft, Tabus zu brechen, bekommt Donald Trump enorme Medienpräsenz. Mitunter schien es, als würde er seine Reden und Statements unüberlegt und spontan aus dem Ärmel schütteln, doch dahinter steht Strategie. Auf sein Konto gingen in den ersten beiden Jahren seiner Amtszeit 7.654 Lügen bzw. irreführende Behauptungen. Medien geben diese oft eins zu eins wider - doch so werden diese Lügen und irreführende Behauptungen in unseren Köpfen verankert. Das bestätigen Erkenntnisse aus der Neurolinguistik und Psychologie. Deren bekanntester Vertreter ist wohl George Lakoff von der University of California in Berkley.

Er hat Strategien entwickelt, wie dem strategischen Einsatz von bestimmten Worten, Metaphern, irreführenden Behauptungen und Lügen beizukommen ist.
Ein weiteres Beispiel für die Macht der Worte sind Hassreden. Sie verschieben nicht nur die Grenzen des Sagbaren, sondern bereiten den Boden für manifeste Gewalt auf. Wiederkehrende Hasssprache entwertet bzw. entmenschlicht bestimmte gesellschaftliche Gruppen und senkt die Hemmschwelle, Gewalt gegen sie zu üben. Faktenbasierte Kommunikation verschafft sich dann nur noch schwer Gehör. Tanja Malle präsentiert aktuelle (neuro)linguistische Erkenntnisse über die Macht der Worte und fragt nach, wie diese genutzt werden können.

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