Mann mit Maske in einem Baumhaus

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Radiokolleg - Nicht mit mir

Die Kunst der Verweigerung (1). Gestaltung: Johannes Gelich

Der literarische Ahnherr aller Aussteiger und Verweigerer ist wohl der amerikanische Schriftsteller und Philosoph Henry David Thoreau. Er zog Mitte des 19. Jahrhunderts als junger Mann in eine Blockhütte, um dort einige Jahre alleine als Aussteiger zu leben. Mit seiner Schrift "Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat" gilt er aber auch als Apologet des zivilen Ungehorsams, wenn sich der Staat unethisch oder unmoralisch verhält. In Zeiten der Klimakrise gibt es aber auch und gerade heute viele Aussteiger und Aussteigerinnen in der Tradition Thoreaus. Sie leben alleine oder zu zweit in Wäldern oder in umgebauten Wohnwägen, um sich von den Zwängen der Konsumgesellschaft zu befreien und ein nachhaltiges Leben auszuprobieren.

Die Verweigerung gegenüber einem eingespielten und belastenden Konformismus spielt jedoch auch beim Neinsagen und Loslassen in der Beziehungswelt eine große Rolle. Erfolgreiche Ratgeber wie "Nein - Was vier mutige Buchstaben im Leben bewirken können". "Klingt logisch - Mach ich aber nicht" oder "Die Kunst des darauf Scheißens" künden von einem zunehmenden Wunsch der Gesellschaft, in der Kunst der Verweigerung unterrichtet zu werden. Gerade junge Menschen scheinen dabei durch die permanente digitale Präsenz ihrer Ex-Freunde oder Ex-Geliebten ein erhöhtes Bedürfnis nach Orientierung und Hilfestellung beim Neinsagen zu haben.

Auch in der Arbeitswelt spielt das Thema der Verweigerung gegenüber unmoralisch oder unmenschlich empfundenen Arbeitsbedingungen oder illegalen Machenschaften des Arbeitgebers eine immer größere Rolle. Seien es Steuer-CDs, die von Bankbeamten angefertigt werden, um organisierte Steuerhinterziehung aufzudecken, seien es Hotlines für potenzielle Whistleblower, die immer öfter von großen Konzernen und Firmen eingerichtet werden - der Wunsch, in einem als ungerecht empfundenen System nicht mehr mitzuspielen, scheint zu wachsen.

Doch mit der Verweigerung und dem Nein-Sagen alleine ist es im Kampf um ein besseres Leben und Zusammenleben nicht getan - ein gewichtiges NEIN braucht auch immer ein großes, inneres JA in Form einer Utopie vom besseren Leben. Gerade innerhalb der jüngeren Generation der Schüler und Studenten scheint sich ein neuer Trend zur Re-Organisation des gesellschaftlichen Zusammenlebens abzuzeichnen. Initiativen wie die "tbase" in der Seestadt Aspern, wo junge Menschen Architekturformen mit alternativen, kostengünstigen Materialien ausprobieren, das Seedcamp in Niederösterreich oder die "Extinction rebellion", bei der sich junge Menschen gegen den Klimawandel und für eine ökologische Revolution einsetzen, künden von einem steigenden Bedürfnis nach Rebellion und Erneuerung.
Von den zarten Ansätzen zum Neinsagen bis zu einem nachhaltigen Ja, das auch die Gesellschaft erfasst, ist es jedoch mitunter ein weiter Weg.
Diese Sendung ist Teil der Ö1 Initiative "Reparatur der Zukunft".

Service

Literatur:

Wolfgang Ködel, Sabine Eichhorst: Der Mann im Wald: Wie ich mein Leben hinter mir ließ, Piper Paperback, 2016

Lisa Pfleger: Vegan, regional, saisonal: Einfache Rezepte für jeden Tag,
Verlag Eugen Ulmer, 2014

Franziska Jebens: Kaffee mit Käuzchen: Unser Traumhaus im Wald,
Verlag: Eden Books, 2019

Doro und Jonas Dätwyler

Sabine Weiß: "Herzb(r)uch - Wie du Liebeskummer überwindest und dein neues Leben aufbaust.", Eigenverlag

Sandra Viehböck: Wie kann ich meine alte Beziehung abschließen und meinen Ex-Freund endlich loslassen?

Rüdiger Schache: Klingt logisch! Mach ich aber nicht. So holen Sie sich Ihr Leben zurück!
Nymphenburger Verlag, 2018

Daniela Zeller: Souveränitätstraining für Frauen im Business

Österreichische Finanzmarktaufsicht

Transparency International AUSTRIA

Wolfgang Lalouschek: Raus aus der Stressfalle. Die besten Strategien gegen Burnout & Co.
Kneipp Verlag, 2013

planetYES

VIENNA-TRANSITIONBASE

EXTINCTION REBELLION

EXTINCTION REBELLION AUSTRIA

Mark Manson: Die subtile Kunst des darauf Scheißens,
MVG-Verlag, 2017

Alexandra Reinwarth: Am Arsch vorbei geht auch ein Weg,
MVG-Verlag, 2016


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  • Johannes Gelich

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