Adipositas - Immer mehr junge Menschen betroffen

21. Oktober 2021, 16:05

Die Anzahl der von krankhaftem Übergewicht Betroffenen steigt stetig an. Jede zweite Person in Österreich über 15 ist übergewichtig und jede dritte adipös. Selbst bei den Kindern bringen 25 Prozent zu viel Gewicht auf die Waage. Als adipös gilt, wer einen BMI-Wert über 30 hat, übergewichtig ist man ab einem Wert von 25.
Die Pandemie hat die Lage weiter verschärft. Die Schulschließungen in den Lockdowns führten zu einem zusätzlichen Bewegungsmangel, außerdem wurden mehr Mahlzeiten konsumiert. Eine Studie aus Korea zeigt: Die Kinder, die bereits vor Covid-19 Adipositas hatten, haben durchschnittlich ca. vier Kilo zugenommen.

Influencer starten Social Media Kampagne

Da immer mehr junge Menschen betroffen sind, hat die Österreichische Adipositas Gesellschaft gemeinsam mit Influencern eine Kampagne in den sozialen Medien gestartet. Das Thema Adipositas soll wieder mehr ins Bewusstsein gerückt werden. In den letzten Jahren sei leider sehr wenig passiert, bemängelt Univ.-Prof. Dr. Florian Kiefer. Er ist Facharzt für Innere Medizin an der Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel an der Meduni Wien.
Gerade auf Instagram und Co. wird jungen Menschen häufig eine Scheinwelt mit bearbeiteten Bildern vorgegaukelt. Bikinifotos von eigentlich untergewichtigen Personen vermitteln ein unrealistisches Körperbild.
Menschen mit mehr Gewicht werden gemobbt. Bianca Kübler, die junge Frau hinter dem Social Media-Account Kurven & Kanten, ist Teil der aktuellen Kampagne. Sie möchte eine klare Botschaft vermitteln: "Sei es dir wert, auf dich selbst zu achten!" Also sich in seinem Körper wohlzufühlen, sich aber auch richtig zu ernähren, Sport zu betreiben und abzunehmen, wenn es nötig ist.

Online trainieren mit eigens entwickeltem Programm

Auch der Personal-Trainer Otmane Kabietadiko, in den sozialen Medien besser bekannt als Oti, hat an der Kampagne teilgenommen. Aufgrund seiner Laufbahn als Profi-Footballspieler hatte er Übergewicht und musste wegen einer Verletzung sein Leben ändern. Er entwickelte ein Fitness Programm und nahm ab, ohne dass sich seine sportliche Leistung verringerte. Er betreibt ein Fitness Studio, bietet Online Workouts an und teilt auf seinem Social Media-Account Ernährungstipps und Experteninterviews zum Thema Abnehmen.

Mehr als ein ungesunder Lebensstil

Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass mehrere Faktoren, wie Genetik, Hormone und soziales Umfeld, beim Übergewicht eine Rolle spielen und häufig mehr dahintersteckt als Bewegungsmangel und falsche Ernährung. Zwar ist Adipositas von der WHO als Krankheit klassifiziert - das wird aber auch von der Medizin teilweise nicht so gehandhabt, sondern Übergewicht wird als Lebensstilproblem eingeordnet. So ist Adipositas die einzige "Volkskrankheit" in Österreich, bei der Therapien nicht erstattet werden. Die Österreichische Adipositas Gesellschaft fordert daher von Entscheidungsträgern, Schritte gegen die "Adipositas-Pandemie" zu setzen.

OP kann nachhaltige Lösung sein

Natürlich spielt beim Übergewicht auch die Psyche eine große Rolle. Die Klinische- und Gesundheitspsychologin Mag.a Barbara Andersen hat sich auf Adipositas spezialisiert. Sie leitet eine Selbsthilfegruppe im AKH Wien, erstellt Gutachten für Menschen, die sich einer Magenverkleinerungs-OP unterziehen und betreut Betroffene nach dem Eingriff. Diese anschließende Begleitung ist besonders wichtig, denn das Essverhalten stellt sich nicht automatisch mit der Operation um. "Wir wurden ja im Bauch operiert und nicht im Kopf", sagt die Psychologin, die sich selbst vor einigen Jahren dazu entschlossen hat, eine Magenverkleinerung machen zu lassen. Die Entscheidung für so eine Operation fällt oft nicht leicht, dennoch ist sie für viele Menschen die nachhaltigste Lösung.

Neues Medikament in der Warteschleife

Eine weitere Möglichkeit sind medikamentöse Therapien. Diese sollten jedoch vor allem eine Veränderung des Lebensstils unterstützen. Besonders spannend erscheint die Substanz Semaglutid. Es ist ein Glukagon-Like-Peptide-1-(GLP-1-)Agonist und sorgt für eine Zunahme des Sättigungsgefühls und eine Drosselung des Appetits. Derzeit ist Semaglutid in Österreich nur zur Diabetes-Behandlung zugelassen. Bald wird es auch für die Indikation Adipositas verschreibbar sein.

Diesmal widmet sich Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger dem Thema Übergewicht und den modernen Strategien dagegen.

Moderation: Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger
Sendungsvorbereitung: Lydia Sprinzl, MA

Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.

Sind Sie oder Ihre Kinder von Adipositas betroffen?
Wie geht es Ihnen damit? Haben Sie Erfahrungen mit Stigmatisierung gemacht? Wurden Sie beruflich benachteiligt?
Waren Sie übergewichtig und haben Ihr Gewicht in den Griff bekommen? W
Würden Sie sich einer Magenverkleinerungs-OP unterziehen?
Haben Sie schon Erfahrung mit medikamentösen Therapie?

Service

Per Telefon zugeschaltet:

Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Florian Kiefer, PhD
MedUni Wien
Universitätsklinik für Innere Medizin III
Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel
Vorstandsmitglied Österreichische Adipositas Gesellschaft
Währinger Gürtel 18-20
1090 Wien
Tel.: +43 (0)1 40400/72690
E-Mail
Homepage

Bianca Kübler
Influencerin "Kurven & Kanten"
Homepage

Otmane "Oti" Kabietadiko
Personal Trainer "Skillbeast"
Homepage

Mag.a Barbara Andersen
Klinische- und Gesundheitspsychologin
Leiterin Adipositas Chirurgie Selbsthilfegruppe AKH Wien
Kaiserstraße 43/4a
1070 Wien
Tel.: 0699 813 813 75
E-Mail
Homepage

Weitere Anlaufstellen und Info-Links:

Österreichische Adipositas Gesellschaft
Selbsthilfegruppe Adipositas Österreich
Adipositas Chirurgie Selbsthilfegruppe AKH Wien
Social Media Kampagne Adipositas
Adipositas Zentrum Barmherzige Schwestern
Gesundheit.gv.at: Adipositas
Minimed Studium: Adipositas
Quarks: Darum werden Menschen übergewichtig
Ärzteblatt: Semaglutid: Der Preis für das Abnehmen
Studie über den Gesundheitszustand der österreichischen Bevölkerung: Übergewichtige nehmen zu
Robert Koch Institut: Themenschwerpunkt Übergewicht und Adipositas
Weltweite Studie über gesundheitliche Auswirkungen von Übergewicht und Adipositas in den letzten 25 Jahren
Deutsches Bundesministerium für Forschung und Bildung: Wie Eltern das Gewicht ihrer Kinder beeinflussen
Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Vollwertig essen und trinken
Online-Tool der AGES: Lebensmittel unter der Lupe

Sendereihe

• Radiodoktor - Medizin und Gesundheit