Zwischenruf

Christian Herret über Kinderarbeit

Anlässlich des "Weltspieltages" erzählt der Referent für Öffentlichkeitsarbeit der Dreikönigsaktion von Jessmare, die bereits als Dreijährige zum Familieneinkommen beitragen musste

Wenn wir als Kinder mit der Hausübung fertig waren, hieß es: Ab auf die "Ganslwiese" - eine "Gstetten", wo sich jeden Nachmittag nach und nach die Kinder der Siedlung eingefunden haben. Dort haben wir Fußball gespielt, uns in den Büschen "Hütten" gebaut, uns gegenseitig bekriegt, uns wieder vertragen, haben mit den Rädern die Siedlung unsicher gemacht - und in einem alten Bombentrichter aus dem Zweiten Weltkrieg das Mountainbiken erfunden.

Ich wurde - und das betrachte ich als eines der größten Geschenke, die Gott mir in meinem Leben gemacht hat - in einer Zeit und in einem Land geboren, in dem Frieden und Wohlstand herrschen. Ich konnte in die Schule gehen, und spielen so viel ich wollte.

Wie hoch dieses Geschenk wertzuschätzen ist, habe ich erst später erfahren. Ich arbeite für die Dreikönigsaktion. Mit den Spenden, die die Sternsinger sammeln, werden Hilfsprojekte für jene finanziert, die es nicht so gut erwischt haben, wie ich: für Kinder und Familien, die in den Armutsregionen unseres Planeten auf die Welt gekommen sind.

So wie Jessmare. Sie lebt auf der philippinischen Insel Negros. Sie hat fünf Geschwister. Ihre Eltern haben schlecht bezahlte Gelegenheitsjobs. Damit die Familie genug zu essen hat, müssen auch die Kinder Geld verdienen.

Jessmare arbeitet seit ihrem dritten Lebensjahr, ihr Alltag bestand darin, dass sie auf den Straßen ihrer Heimatstadt alles Mögliche verkauft hat. Mitten im Verkehr ist sie zwischen den Autos herumgelaufen und hat Snacks und Süßigkeiten angeboten. Als meine Kinder so alt waren, besuchten sie den Kindergarten.

Jessmare ist jetzt 18 und drauf und dran, die Schule, für die als Kind keine Zeit blieb, abzuschließen. Möglich wird das, weil sie jetzt bei einer Partnerorganisation der Dreikönigsaktion angebunden ist. Die christliche Jugendorganisation hilft arbeitenden Kindern wie Jessmare dabei, die Schule nachzuholen, bezahlt das Schulgeld und hilft beim Lernen.

"Bildung ist mein Schlüssel zu einem besseren Leben", lautet ihr Mantra. Sie träumt von einer eigenen Familie und einer Zukunft, in der ihre Kinder nicht arbeiten müssen, sondern spielen können und zur Schule gehen.

Gestern war der "Weltspieltag". Er soll daran erinnern, wie wichtig es ist, dass Kinder spielen können und dass sie dafür Zeit und Raum brauchen. Sie müssen die Welt spielerisch entdecken und erleben lernen. Nur so können sie zu selbstbestimmten Erwachsenen heranwachsen.

Dass das nicht selbstverständlich ist, diese bittere Erfahrung haben auch unsere Kinder hier in Österreich in den Jahren der Pandemie, des Lockdown und des Homeschooling machen müssen. Für Millionen von Kindern ist aber auch abseits der Pandemie Zeit und Raum für Spiel und Schule leider keine Selbstverständlichkeit. Kinderarbeit ist in vielen Gegenden der Welt immer noch Alltag.

Ich finde ja, auch wenn diese Kinder tausende Kilometer weit weg leben, ist es ein bisschen auch unsere Aufgabe, sich für sie stark zu machen. Eigentlich muss weltweit gelten: Wenn du mit deiner Hausübung fertig bist, dann gehört der Rest des Tages dem Spiel. Kein Kind soll mehr arbeiten müssen. Dazu ruft die Kampagne "kinderarbeit stoppen", die diese Tage startet, auf.

Service

kinderarbeit stoppen

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: trad.
Bearbeiter/Bearbeiterin: Amelito Bokayo
Gesamttitel: Authentic Philippines
Tigwa
Länge: 01:38 min
Label: Sonoton SAS 071

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