Leere Titelseiten der Tageszeitungen

APA/HELMUT FOHRINGER

doublecheck - das Ö1 Medienmagazin

Zeitungen zwischen den Welten

Mit Textwundern wie Chat GPT und ähnlichen Tools ist die Künstliche Intelligenz (KI) längst auch im Journalismus angekommen. Es ist nur die Spitze der digitalen Transformation, die die traditionellen Medien regelrecht überrollt. Jetzt kommen alle Krisen auf einmal zusammen, sogar das solide Standbein Hauszustellung der Abo-Zeitungen wackelt. Experten haben es kommen sehen und gewarnt, aber sie wurden nicht gehört. Dass die Regierung dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk endlich jene digitalen Räume öffnen will, die er braucht, macht den ORF zum Blitzableiter. Leere Zeitungsseiten erscheinen, der Protest wird zur Prophezeiung.

Oberflächlich betrachtet, ist alles gut: Heute sind so wie vor fünfzehn, zwanzig Jahren etwa zwei Millionen Zeitungen pro Tag im Umlauf. Der Unterschied zu damals ist, dass nur noch die Hälfte davon bezahlt wird. Diese Kennziffer hat der Medienforscher Andy Kaltenbrunner erhoben, sie ist nicht völlig neu, aber dennoch alarmierend. Ein altes Erlösmodell, das weggebrochen ist, ein neues ist noch nicht in Sicht. Die Verleger sagen: Die Krake ORF ist schuld, und jetzt sollen ihr mit der Novelle zum ORF-Gesetz noch ein paar Arme wachsen. Kaltenbrunner entgegnet: Da sind auch eigene Versäumnisse dabei. Die privaten Medienhäuser hätten sich zu sehr auf die Alimentierung durch öffentliche Gelder vor allem in Form von Inseraten verlassen, mit bekannten korruptiven Begleiterscheinungen. Mit Pandemie, Teuerung und Ukraine-Krieg sei das aufgebrochen. Jetzt werde die Rechnung präsentiert. #doublecheck mit dem Versuch einer Bestandsaufnahme.

ORF-Populismus bringt Transparenz

Das neue ORF-Gesetz, das bis Ende Mai in Begutachtung ist, bringt auch eine Transparenz-Offensive und die Kürzung von älteren vertraglichen Regelungen, die die Regierung für zu großzügig hält. In einem Jahresbericht sollen Kosten für Produktionen von "Dancing Stars" bis "Zeit im Bild" künftig aufgeschlüsselt werden. Auch beauftragte Studien und Berater-Leistungen sollen genannt werden. Für Medienjournalist Harald Fidler vom "Standard" ist mehr Transparenz längst überfällig, bisher sei man beim ORF großteils im Dunkeln getappt. Brisant könnte die vorgesehene namentliche Veröffentlichung aller Jahreseinkommen über 170.000 Euro werden. Und es gibt rechtliche Bedenken, ob die geplanten Eingriffe in Arbeitsverträge möglichen Anfechtungen standhalten können.

Wenn der Avatar das Wetter ansagt

Computerprogramme lesen den Wetterbericht, schreiben Texte und generieren Bilder. Künstliche Intelligenz ist im Journalismus nichts Neues. Aber seit es Chat GPT gibt, kann jeder niederschwellig mit der KI reden und Fragen stellen, eine Antwort kommt sicher und schnell. Oft stimmen die Texte nicht oder nur teilweise, aber die Maschine lernt schnell. Bedeutet das, dass die neuen Programme bald Journalisten und Journalistinnen ersetzen? Wie können wir verhindern, dass täuschend echte Bilder und Texte im Netz Desinformationen und Falschmeldungen verbreiten und Journalisten vielleicht auch noch drauf reinfallen? Wer hat die Rechte an den künstlich erstellten Texten? Medienhäuser sind gut beraten, sich schnell eine Strategie zuzulegen, um nicht überrumpelt zu werden, sagen Experten. Als Sparprogramm für Medien in finanziellen Nöten taugen die neuen Programme nicht.

Moderation und Gestaltung: Rosanna Atzara, Nadja Hahn und Stefan Kappacher

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