Was glaubt Österreich?

8. Juni 2023, 07:05

1. "Verbindung aufnehmen und Beziehung werden" - Bibelessay zu Johannes 6,51-58

Fronleichnam, vom mittelhochdeutschen vrone licham für "des Herrn Leib", ist ein durch und durch römisch-katholischer Feiertag. Eine der Bibelstellen, die für diesen Tag vorgesehen sind, findet sich im Johannesevangelium und lässt Jesus sagen: "Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist .. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt .." Wie bei Johannes üblich, werden auch in dieser Textpassage, die gegen Ende des ersten Jahrhunderts existierenden Konflikte thematisiert: Konflikte zwischen den jüdischen Gemeinden und den christlichen, die aus den jüdischen hervorgegangen sind. Doch das Herzstück ist ein anderes. In den Text fließt die Abendmahlstradition der frühen christlichen Gemeinden ein. Christinnen und Christen von damals bis heute essen in den Abendmahls- und Eucharistiefeiern Brot und - zumindest der Priester trinkt den Wein in Erinnerung an die Worte Jesu beim sogenannten "Letzten Abendmahl" mit seinen Jüngern: "Dies ist mein Fleisch und mein Blut." Die an der Universität Kassel lehrende katholische Theologin Mirja Kutzer über ein sprachliches Bild, bei dem es darum geht, "Verbindung aufzunehmen und Beziehung zu werden".


2. "Wo Gott wohnt" - Eine kleine Geschichte des Tabernakels

Für manche ist es ein Höhepunkt im Kirchenjahr, wenn zu Fronleichnam der "Leib Christi" in feierlicher Prozession durch die Straßen getragen wird. An den übrigen Tagen des Jahres hingegen wird die Hostie, das "Heilige Brot", das den Leib Christi als "Realsymbol" darstellt, sicher in einem so genannten "Tabernakel" verwahrt - und nur das "Ewige Licht", meist eine einzelne Kerze hinter rotem Glas, weist auf die "göttliche Präsenz" in der Gestalt des dünnen, ungesäuerten Brotes hin. Am "Hochfest des Leibes und Blutes Christi", wie Fronleichnam offiziell heißt, geht Markus Veinfurter der Frage nach, wie denn das Göttliche in irdischen Dingen gegenwärtig sein kann, was man in anderen Kirchen davon hält - und was der Tabernakel mit der jüdischen "Bundeslade" zu tun hat.


3. Jeder und jede ist willkommen - Ein "Warmes Platzerl" rund ums Jahr

Das Sakralgebäude wirkt hochmodern und ist doch heuer genau 60 Jahre alt: die sogenannte evangelische "Glaubenskirche" in Wien Simmering, erbaut vom Architekten der Wiener Stadthalle und des ORF-Zentrums, Roland Rainer. Roland Rainer (1910, Klagenfurt - 2004, Wien), der der evangelischen Kirche H.B. angehörte, sagte über seinen Entwurf: "Wir bauen unsere Kirche in eine stille Seitenstraße. Man geht durch einen niedrigen Gang, tritt von hinten durch ein niedriges Tor in den hohen stillen Kirchenraum und hat das lichte Kreuz aus Glasbausteinen an der Altarwand vor sich." Das Gebäude gilt als eine der wichtigsten Arbeiten des modernen Kirchenbaus in Österreich und ist ein schlicht gehaltener Kubus aus Beton, Ziegeln, Fichtenholz und Glas. Kirche und Gemeindezentrum bilden ein Geviert mit einem kleinen, begrünten Hof in der Mitte. Und dort, außen wie innen, gibt es jeden Sonntagnachmittag ein "Platzerl" für Menschen unterschiedlichster Herkunft und Weltanschauung, die nach Wärme suchen. Brauchen doch Menschen das Gefühl sozialer Wärme nicht nur im Winter, wie die aus Tschechien kommende evangelische Pfarrerin Anna Kampl Maria Harmer bei ihrem Besuch erzählt hat.


4. Was glaubt Österreich? - Junge Menschen im Porträt: "Ich bin Jüdin"

Im Zuge des multimedialen ORF-Projekts "Was glaubt Österreich?" kommen Mitglieder der 16 in Österreich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften zu Wort. Im Rahmen von Lebenskunst nehmen junge Menschen unter 30 die Hörerinnen und Hörer mit zu jenen Orten, die ihnen in ihrem Leben wichtig sind und die für sie auch eine religiöse Bedeutung haben, vom Stupa am Donauufer bis hin zum Jugendtreff ihrer Community. Kurze Factboxen liefern Zahlen, Daten und Fakten zu den unterschiedlichen religiösen Gemeinschaften. Diese Audioporträts sind unter "Was glaubt Österreich?" auch als Ö1-Podcast abrufbar.
Diesmal in Lebenskunst: die 19-jährige Jus-Studentin Esther Györi, Mitglied der IKG Wien. Das Porträt hat Lena Göbl gestaltet.

Service

Bibelessay zu Johannes 6,51-58
Memo 8.6.2023: Wo Gott wohnt - Eine kleine Geschichte des Tabernakel
Was glaubt Österreich?

Sendereihe

• Lebenskunst

Gestaltung

• Doris Appel
• Martin Gross