RSO Wien - Rhythm is it!

17. Oktober 2023, 19:30

Das Schlagzeug ist gleichzeitig eines der ältesten und eines der modernsten Instrumente in einem Symphonieorchester. Während die Ursprünge der ersten Schlaginstrumente in die früheste Menschheitsgeschichte zurückreichen, hat das Schlagzeug als Orchesterinstrument in den vergangenen Jahrzehnten stark an Bedeutung gewonnen. Denn mit der Auflösung der bekannten Rhythmusstrukturen setzt ein neuer und umfangreicher Prozess der Auseinandersetzung mit Rhythmus in der Musik ein. In allen modernen Orchesterwerken spielt daher das Schlagzeug eine wichtige Rolle; in manchen auch die tragende.

Wie im Schlagzeugkonzert von Friedrich Cerha: 2009 wurde dieses hochkomplexe und außerordentlich schwer zu spielende Konzert vom Widmungsträger Martin Grubinger in Salzburg aus der Taufe gehoben. Am 4. Oktober übernimmt mit Vivi Vassileva eine Schülerin von Grubinger den Solopart. Jedem Satz des dreiteiligen Konzerts ist ein eigenes Instrumentarium zugeordnet, sodass die Solistin in jedem Teil ihre Position auf der Bühne wechseln muss. Im ersten Satz dominieren die Trommeln - korrespondierend mit kräftigen Bläserakkorden und der zusätzlichen Schlagzeuggruppe im Orchester. Entgegen dem Usus sind dabei für alle Schlaginstrumente exakte Tonhöhen vorgeschrieben. Dieser Umstand verleiht dem Konzert trotz des Fokus auf Rhythmusinstrumenten eine gewisse lyrische Grundstimmung, die sich im weiten und dritten Satz, wenn die Solistin vorrangig Vibra- und Xylofon bedient, noch verstärkt.

Außerdem zaubert Cerha in den Randsätzen mit einer äußerst vertrackten Kompositionstechnik: dem magischen Quadrat. Im magischen Quadrat ergeben die Zahlen jeder Zeile, Spalte und Diagonale die gleiche Ziffernsumme - hier die Zahl 34. Cerha ordnet der kleinsten Zahl eine Sechzehntelnote zu und generiert so durch verschiedene Kombinationen und Addition ständig neue Rhythmen. Und ganz am Ende des Werks greift der Komponist dann noch in die Trickkiste der Tradition der Zwölftonmusik: Er wiederholt das Anfangsthema - aber in Krebsform.

Mit seiner Uraufführung 1913 - nur 13 Jahre vor Cerhas Geburt - steht Strawinskys Skandalstück "Le Sacre du Printemps" am Beginn dieser rhythmischen Revolution. Es ist etwas völlig Neues: Das ganze Orchester stampft, klopft, pulsiert - auch die Melodieinstrumente. Tiefe Instrumente spielen in hohen Lagen und hohe Instrumente in tiefen, die bisherige Ordnung ist aufgehoben. Musik, die die kommenden Generationen entscheidend mitprägen sollte.

Am (vorläufig) anderen Ende dieser Entwicklung schließlich das erste Stück des Abends: "Blue Bongo Fever Dream" von Randall Smith, dem Gewinner des diesjährigen "Spheres of a Genius"-Wettbewerbs, verrät schon im Titel, dass sich auch in diesem Werk alles um das Thema des Konzerts dreht: Rhythm is it!

Text: Anna Jagenbrein

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Sendereihe

• Das Ö1 Konzert

Gestaltung

• Marie-Therese Rudolph

Übersicht

• 5.1 Dolby Digital