
UNIVERSITÄT TÜBINGEN/STEPHAN SPANGENBERG
Punkt eins
Neues aus dem Labor für künstliche Wissenschaftler
Die KI als Muse und ein Professor für KI in der Wissenschaft. Gast: Dr. Mario Krenn, Professur für Maschinelles Lernen in der Wissenschaft, Universität Tübingen, Forschungsgruppe Labor für künstliche Wissenschaftler. Moderation: Barbara Zeithammer. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at
25. Juni 2025, 13:00
Es gibt sie, die Heureka-Momente, und ein solcher stand am Beginn einer bemerkenswerten Forschergeschichte, die seit Kurzem um einen Höhepunkt reicher ist: An der Universität Tübingen, eines der Zentren der KI-Forschung in Europa, hat mit 1. Juni der Österreicher Mario Krenn eine Professur für KI in der Wissenschaft gestartet und ist dorthin mit seiner Forschungsgruppe, dem "Labor für künstliche Wissenschaftler", übersiedelt.
Künstliche Intelligenz boomt als Sprachmodell, Generator von Foto, Video und Text, Werkzeug und Hilfsmittel - und in den Naturwissenschaften von der Wettervorhersage über die Medizin bis zur Mikrobiologie. Was aber erforscht das "Labor für künstliche Wissenschaftler" und welche Fragen stellt ein Professor für KI in der Wissenschaft? Wird die KI hier (künftig) forschend tätig oder menschliches wissenschaftliches Arbeiten übernehmen? Geht es um eine Art Prozessoptimierung durch Automatisierung oder den Ersatz des Menschen im Wissenschaftsprozess? So einfach wird es nicht.
Mario Krenn, ehemals PhD Student in der Gruppe des Wiener Quantenphysikers Anton Zeilinger, stand eines Tages vor der Frage, wie er ein Experiment entwickeln solle, das nicht nur sehr kompliziert ist, sondern auch nicht intuitiv; die Quantenphysik sorgt mit ihren bizarr anmutenden Gesetzmäßigkeiten immer wieder für Rätselraten. Nach monatelangen Berechnungen und Versuchsaufbauten begann er, die Bauelemente für das spezielle Experiment wahllos und zufällig zu kombinieren - bis er dachte: das kann ein Computer schneller. Mario Krenn schrieb einen Algorithmus, "Melvin" genannt, der über Nacht mit einer Lösung aufwartete. Im September 2015 konnte Mario Krenn dann erstmals zeigen, wie man Experimente mit einem Algorithmus designt und ersetze damit das erste Mal eine kreative Komponente der Wissenschaft durch den Computer.
Mario Krenn promovierte als experimenteller Quantenphysiker und leitet seit 2021 seine eigene, unabhängige Forschungsgruppe "Labor für künstliche Wissenschaftler" am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts in Erlangen. Für seine Forschungen, die KI und die Kreativität menschlicher Forschender zusammenbringen, erhielt Mario Krenn einen ERC Grant in Höhe von 1,5 Millionen Euro Fördersumme. In einer seiner Publikationen schreibt er mit seinem Team bereits über die Möglichkeit der Kreativität durch Computer in der Wissenschaft. Frisch auf die Professur "Maschinelles Lernen in der Wissenschaft II" an der Universität Tübingen berufen, entwickelt Mario Krenn KI-Systeme, um neue Konzepte in der Physik zu entdecken und Wissenschaft mit maschinellem Lernen stark zu beschleunigen.
Wo liegt das Potenzial von KI in der naturwissenschaftlichen Forschung, wo die Probleme KI-basierter Entdeckungen in der Physik und welche Gefahren muss man sich eventuell bewusst machen? Kann ein Computer tatsächlich die Fähigkeiten, die wir guten menschlichen Wissenschaftler:innen attestieren - Neugier, Kreativität, Verständnis - erfüllen? Was haben Menschen bisher übersehen und werden sie die von der KI entdeckten Ideen verstehen können? Welche Aufgaben sollte ein künstlich nachgebauter Forscher lösen und welche der Mensch, wenn wir immer tiefer ein Zeitalter eintreten, in dem wir auf Maschinen zur Entdeckung neuer Experimente und Ergebnisse kaum verzichten werden können?
Professor Dr. Mario Krenn ist zu Gast bei Barbara Zeithammer in Punkt eins und wie immer freuen wir uns auf die Fragen unserer Hörerinnen und Hörer unter 0800 22 69 79 (kostenfrei aus ganz Österreich) oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at
Sendereihe
Gestaltung
- Barbara Zeithammer
Playlist
Komponist/Komponistin: Scott Joplin
Bearbeiter/Bearbeiterin: Dieter Förster
Album: INTUITION: Gautier Capucon, J. Ducros; Orchestre de chambre de Paris, D.Boyd
Titel: Original Rag Nr.1 - Bearbeitung für Violoncello und Klavier
(davon 7 Sek. unterlegt)
Solist/Solistin: Gautier Capucon /Violoncello
Solist/Solistin: Jérome Ducros /Klavier
Länge: 02:26 min
Label: Warner Classics 190295883959
Komponist/Komponistin: Tom Adair & Matt Dennis
Titel: Everything Happens To Me (davon 11 Sek. unterlegt)
Ausführende: Charlie Parker with Strings
Länge: 03:14 min
Label: Mercury
Komponist/Komponistin: ErikMongrain
Titel: Muse (davon 1 Min. 46 Sek. unterlegt)
Ausführende: ErikMongrain
Länge: 05:14 min
Label: Alter Ego Musique / Prophase Music