Gemeinsam erinnern
Laut ORF-Gesetz dürfen wir Ihnen dieses Service nur zur Verfügung stellen, wenn Sie Ihre Identität durch Angabe von Vorname, Familienname und Wohnadresse bekanntgeben. (ORF-G, § 4f, ABS 2, Z 23). Sie können das entweder direkt im Zuge des Uploads tun, bzw. sich als User/in in der ORF-Community registrieren lassen. Wenn Sie bereits Mitglied der ORF-Community sind, loggen Sie sich bitte ein, wenn Sie Texte, Audios oder Bilder hochladen, bzw. solche bewerten möchten. Beiträge, für die diese Funktion freigeschaltet ist, können pro User/in nur einmal bewertet werden. Mehrfachstimmen sind möglich. Beachten Sie bitte, dass erstmalige log-ins in der ORF-Community nur wochentags bearbeitet, bzw. freigeschaltet werden können. Die Freischaltung kann einige Zeit in Anspruch nehmen.
GIs lachten, als ich mit „Heil Hitler“ grüßte
Volkmar Forisch - 28. April 2025, 14:48
Wir sind von Gablitz nach Attersee geflüchtet. Meine Mutter wurde von den Amerikanern verhaftet, ich bin zu ihr gegangen in eine schöne Villa, wo ungefähr zehn Amerikaner saßen, am Kopfende meine Mutter. Ich bin bei der Gartentür hinein gegangen und mit „Heil Hitler“ gegrüßt. Die Amerikaner haben furchtbar gelacht, nach einigem Hin und Her konnte ich die Mutter wieder mitnehmen.
Immer Informationen über den Vater gesucht
Klaus Granegger - 28. April 2025, 13:18
Mein Vater kam mit starkem Nierenleiden aus dem Krieg zurück und starb, als ich 7 Monate alt war. Ich habe Informationen über das Grazer Ludwig-Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung bezüglich der Einberufung und Kriegsgefangenschaft des Vaters in Jekaterinburg bekommen. Auch das Buch „Ihr dort oben, wir da unten“ über Flak-Helfer ist empfehlenswert.
POW im Gefangenlager Manchester (England)
Josef Bauchinger - 26. April 2025, 11:53
Josef Bauchinger, geb. 16.09.1926 in Ried im Innkreis, zur Erinnerung an die Gründung der 2. Republik, als Kriegsgefangener im Lager Manchester.
Erinnerung zum 80. Geburtstag der Republik Österreich / Josef Bauchinger / geb. 16.09.1926
Im Jahr 1945 endeten der Zweiten Weltkrieg und die NS-Herrschaft in Europa. In Österreich wurde die Zweite Republik gegründet, die nun im Jahr 2025 ihr 80. Jubiläum feiert.
Am 25. April 1945 wurde in Österreich eine provisorische Regierung eingesetzt und am 14. Mai die Demokratische Republik Österreich ausgerufen.
Vor 80 Jahren war ich als POW (Prisoners Of War) in Manchester/England in Kriegsgefangenschaft. Als deutscher Soldat (geboren in Ried im Innkreis/Österreich), gefangen genommen von den alliierten Streitkräften (in Nancy/Frankreich von den Amerikanern).
Immer wieder wurden wir von der Lagerleitung darauf hingewiesen, dass politische Aktivitäten bei Strafe verboten waren.
Am Tag der Ausrufung des österreichischen Staates, wurde am Platz in der Mitte des Lagers, an dem die POW anzutreten hatten, auf einem hohen Baum die österreichische Flagge gehisst. Das wurde von der Lagerleitung als politischer Akt gewertet und eine Strafe angedroht, die allerdings nie verhängt wurde. Der Lagerleiter erteilte den Befehl, der Missetäter möge sich melden, ansonsten würden alle Gefangenen mit einer Bestrafung zu rechnen haben. Allerdings meldete sich niemand und so erteilte der Lagerleiter der Feuerwehr von Manchester den Auftrag mittels Feuerwehrfahrzeug und Drehleiter die Fahne vom Baum im Lager zu entfernen. Die FFW Manchester rückte an, jedoch war die Leiter zu kurz, um die österreichische Fahne zu erreichen. Daraufhin orderte der englische Feuerwehrkommandant eine längere Leiter, die Flagge wurde vom Baum gerüttelt, fiel Richtung Erde und noch bevor die Fahne den Boden berührte, rannte ein POW zum Baum, schnappte sich die Fahne und sie ward in der Folge nicht mehr gesehen und gefunden.
So geschehen in Manchester 1945 im Gefangenlager der deutschen POW.
Kriegssplitter
Erich Grubhofer - 25. April 2025, 20:25
Erlebnisse in der Besatzungszeit
In den ersten Tagen der Besatzung stürmte eines Vormittags ein betrunkener Soldat ins Haus und forderte Schnaps. Als mein Vater ihm bedeutete, dass er keinen habe, bedrohte er ihn mit dem Revolver. Meine Mutter und ich, im Obergeschoss auf den Knien betend, hörten die Auseinandersetzung. Schließlich fiel das Wort „Dich erschießen!“ Mein Vater hatte sich, wie er später erzählte, eben auf die Hausbank im Vorhaus gesetzt, als gerade rechtzeitig ein Offizier eintrat und dem Soldaten den Revolver aus der Hand schlug.
Aus: Erich Grubhofer, Est! Est! Est!
Kriegssplitter 1944/45
Besatzungszeit in Baden und Abzug der Russen 1955
Brigitte Scharinger - 25. April 2025, 14:06
Arbeit bekamen nur Mitglieder der kommunistischen Partei; bei den Wahlen wagte niemand, in die Wahlkabine zu gehen, weil der Betriebsrat klar machte, was er von einer geheimen Wahl hielt. Der Abzug der letzten Soldaten verlief völlig unspektakulär.
Baden war, als ich mit 5 Jahren 1947 dorthin kam, von den Russen besetzt und es befand sich dort das Hauptquartier der russischen Besatzungsmacht. Die Menschen hatten Angst vor den Besatzern und diese Angst war auch für so ein kleines Kind für mich einfach spürbar. Viele der schönen, alten Villen, waren von Russen besetzt und die ursprünglichen Bewohner hatten Glück, wenn sie in 1 Zimmer bleiben konnten und nicht einfach rausgeschmissen wurden.
Mein kindliches Verständnis der Welt war einfach: „Es gibt Russen und Österreicher und die Österreicher müssen tun, was die Russen wollen.“
Die Angst vor den Russen war immer da – vor Kindern wurde über Politik nicht gesprochen, zu groß waren die Ängste, dass man sie in der Schule ausfragen konnte.
Arbeit gab es nur, wenn man Mitglied in der kommunistischen Partei war. Dann musste man auch die Zeitung „Volksstimme“ abonnieren. Zum Kassieren der Abo-Gebühr wurde ein Parteimitglied verpflichtet und man konnte nie wissen, ob dieser Kassier Parteimitglied aus Überzeugung war oder nur dabei war, um arbeiten zu können. Und so wurde gezielt Misstrauen unter die Bevölkerung getragen.
Gut erinnere ich mich an eine Wahl in der Fabrik, in der mein Stiefvater arbeitete.
Im Betrieb wurde ein Büro zur Wahlzentrale eingerichtet, es gab Wahlzettel mit den Namen der zu wählenden Personen/Parteien und eine Wahlkabine mit einem Vorhang, in der man sein Kreuz auf dem Wahlzettel unbeobachtet machen konnte. Theoretisch. Als sich die Arbeiter zur Wahl einfanden und der erste in Richtung Wahlkabine schritt, rief der Betriebsrat laut und drohend: „Wer braucht schon eine Wahlkabine? Ein guter Kommunist weiß, wo er sein Kreuzerl machen muss, da braucht er sich nicht zu verstecken“. Natürlich traute sich niemand, die Wahlkabine aufzusuchen und so war das Ergebnis der Wahl wie erwartet: 100 % wählten die Kommunisten!
Am 15. Mai 1955 fand in Baden das traditionelle Motorradrennen statt. Die Maschinen brausten mit Höllenlärm die Helenstraße hinauf und die Weilburgstraße wieder hinunter. Dieses Spektakel zog jährlich viele Schaulustige an, und auch ich stand mit Freundinnen an diesem schönen, sonnigen Tag am Rand der Straße. Obwohl kein Unfall passiert war, ging plötzlich eine Aufregung und Unruhe durch das Publikum. Die Erwachsenen riefen einander zu: „Der Staatsvertrag ist unter-
schrieben!“ Die Schwester einer Freundin, die mit ihrem Verlobten neben uns stand, erklärte uns die Bedeutung mit einfachen Worten: „Die Russen ziehen ab!“ Diese Sensation verstanden auch wir Jugendlichen. Es schien so unglaublich, wurde aber in den folgenden Wochen immer wiederholt und in der Wochenschau im Kino als wahr hingestellt.
In den ersten Wochen nach Schulbeginn mussten wir öfter klassenweise bei offiziellen Terminen erscheinen. Es ging um Versicherungen der Freundschaft zwischen Österreichern und Russen und um höchst langweilige Abschiedsfeiern. Ich glaubte immer noch, dass etwas dazwischenkommen würde. ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass die Russen wirklich endgültig und vollständig abziehen würden. Zu Hause, in der Schule und im Freundeskreis wurde über Politik überhaupt nicht gesprochen.
Dann hörte ich, dass die letzten Russen am 19. September vom Frachtenbahnhof Pfaffstätten am Nachmittag abfahren würden. Pfaffstätten ist nur einige Kilometer von Baden entfernt und ich schwang mich auf mein Fahrrad und fuhr zum Frachten-bahnhof. Außer mir waren nur einige Erwachsenen anwesend, eine kleine Abordnung der Badener Jungkommunisten stand etwas verloren auf dem Bahnsteig.
Die offiziellen Abschiede waren schon alle erledigt und so kam nur ein kleiner Trupp russischer Soldaten angefahren und stieg sang- und klanglos in den Zug. Die Jungkommunisten winkten einem jungen Soldaten zu, nochmals aus dem Zug auszusteigen und in Ermanglung von Sprachkenntnissen bedeuteten sie ihm gestenreich, dass man zur Erinnerung die roten Halstücher tauschen wolle. Der Führer der Jungkommunisten band sein rotes Halstuch dem Soldaten um und der Soldat band seines dem Österreicher um. Nach dem Tausch sahen sie beide aus wie vor dem Tausch.
Ich stand in der Nähe, beobachtete alles mit großen Augen. Dann ertönte ein Pfeifsignal, der junge russische Soldat sprang in den Zug, winkte nochmals kurz – und dann setzte sich der Zug langsam in Bewegung. Ich erwartete jeden Moment, dass er stehenbleiben und zurückfahren würde, aber er fuhr immer weiter, bis er in der Ferne verschwand.
Ich war verwundert, wie unspektakulär dieses Ende der Besatzungszeit ablief und spürte ein ungeheures Glücksgefühl in mir aufsteigen. Jetzt erfüllten sich auch für mich die Worte, die bei der Unterzeichnung des Staatsvertrages gefallen waren:
„Österreich ist frei!“
Der Russe, der gerne eine Freundin gehabt hätte
Gilda P., Jg. 1929 - 25. April 2025, 13:29
Die Propaganda gegen die Russen war sehr hart im Vergleich zu dem, was wir dann erlebt haben. Die Russenzeit war insofern die mieseste Zeit in der ganzen Besatzung, weil es nichts zu essen gab. Die Russen haben uns eingesalzenen Speck gegeben. Aber das konnten wir nicht essen. Sonst haben wir von den Russen nichts bekommen, weil sie ja auch rationiert waren.
Ich erinnere mich, da war mal ein russischer Offizier, der wollte unbedingt eine Freundin haben, zum Beispiel mich hätte er haben wollen. Aber eine liebe Freundin hat sich vor mich gestellt. Die haben sehr viel herumgekaspert. Das war so lustig. Er hat mit ihr verhandelt um mich, aber sie hat ihm gesagt: die ist viel zu jung, da machen wir nix. Ich war damals 16. Und dann ist er weg. Ich hab damals noch absolut nix wissen wollen von Männern.
Hiesige z'erscht, Zuagroaste nur, wann a Platz is
Gunther Neumann - 24. April 2025, 15:17
Mythen - und die Realität unser aller Aufnahme- & Hilfsbereitschaft
Meine Großeltern bzw. meine damals jungen Eltern kamen nach dem zweiten Weltkrieg 1945/46 als Vertriebene nach Österreich und fanden im Salzkammergut Aufnahme – oder Unterschlupf. Auch wenn die idyllische Gegend anders als die großen Städte kaum vom Krieg verheert war: die Not war überall groß, und die Aufnahmebereitschaft der Ansässigen hielt sich in Grenzen. Die alliierten Besatzungsmächte ließen allerdings keinen Widerspruch zu. Öffentliche Hilfe war natürlich nicht vorhanden, aber beim „Hamstern“ – so hieß das Betteln und Tauschen von irgendetwas gegen Essen – steckten ihnen manche etwas zu. Hunderttausenden ging es ähnlich, oder noch viel schlechter. Nur wenige Monate zuvor waren ja noch ganz anders geschundene Menschen durch österreichische Dörfer getrieben worden: Einige Landsleute hatten gemordet, andere gejohlt, viele beschämt bis entsetzt weggeschaut, wenige hatten – unter Lebensgefahr – den Erbarmungswürdigen etwas Essbares gegeben. Über die prozentuale Verteilung von Mut oder Wegsehen, von Großzügigkeit oder Niedertracht kann die Geschichtswissenschaft kaum je genau Auskunft geben – und die Erinnerung ist manchmal getrübt oder geschönt.
Meine Großeltern und Eltern verdingten sich, die Erlebnisse der eigenen Vertreibung im Kopf, im günstigen Fall als nächtliche Holzteller-Bemaler für amerikanische Offiziere, als Hilfsarbeiter, als Torfstecher, bei den Bauern des Salzkammergutes. Zur Arbeitsstelle ging es über viele Kilometer zu Fuß: für den seltenen öffentlichen Bus galt beim Öffnen der Tür das Wort des Fahrers: „Einheimische z’erscht, Zuag’roaste nur, wann a Platz is.“ Allzu oft war kein Platz. Und an den „Zuag’roasten“ klebte in der gleichsprachigen Fremde eine Unterstellung: Wer vertrieben war, musste doch etwas ausgefressen haben, oder..? Üble Nazis vielleicht? (was nicht zutraf) - im Gegensatz zu uns Einheimischen… Auch über uns nachgeborene Kinder hing am Land noch viele Jahre später ein Braunschleier: Kind von Vertriebenen. Das war nicht cool. Eher peinlich. Sohn oder Tochter etwa von chilenischen Flüchtlingen zu sein, hatte später in der großen Stadt weit mehr Pep. Bis sich auch das mit neuen Flüchtlingsbewegungen wieder änderte.
Doch waren die Einheimischen 1945/46 wohl nicht schlechter oder besser als Menschen anderswo in ähnlichen Situationen. Die nachträgliche Heroisierung vermeintlicher Selbstlosigkeit einst hält der Überprüfung kaum je stand: Heute vielzitierte Vergleiche mit 1956, 1968 oder den neunziger Jahren hinken, mehrfach. Ungarn, die Tschechoslowakei wie auch das zerfallende Jugoslawien waren Nachbarländer Österreichs. Ein Blick in Zeitungsarchive beweist, dass auch 1956 die Abwehr bald stärker war als die anfängliche Hilfsbereitschaft. Die Grenzen wurden nach wenigen Monaten von den Machthabern in Budapest wieder recht hermetisch geschlossen. Die Unterschiede in Kultur, Gewohnheiten, auch Religion waren gering. Und von 180 000 Tausend Flüchtlingen jener Monate blieben 10% in Österreich, von 160 000 aus der CSSR 1968 noch weniger. Viele der zehntausenden ukrainischen, aber auch syrischen und afghanischen Hilfesuchenden werden bei uns bleiben - und stellen unsere Aufnahmebereitschaft sehr umfassend auf die Probe.
Webseite
https://www.gunther-neumann.com
Das neue Leben
4ea4dd0a-9335-43ea-99de-0b0559866787 - 24. April 2025, 14:42
Das kleine Glück in einer kargen Zeit
1949, als ich geboren wurde, war in Wien eine Zeit des Mangels. Meine Eltern waren, wie so viele ihrer Generation, ihrer Jugend beraubt und versuchten, ihr Leben in den Griff zu kriegen. Mein Vater war nach Jahren der Arbeitslosigkeit in den Krieg eingezogen worden und 1947 aus Russland zurückgekommen. Meine Mutter hatte mit ihrem ersten Mann nur drei Monate gemeinsames Leben, bevor er in Russland umkam. Für beide eine geraubte Jugend!
Obwohl beide Eltern arbeiteten, waren die Fünfzigerjahre eine karge Zeit. Man kann sagen, immer nur Erdäpfelsalat, Grießbrei und selten Schnitzel. Die Hälfte des Lohnes wurden für Lebensmittel gebraucht. Dies waren fast nur Grundnahrungsmittel, Fleisch war relativ selten. Einmal durfte ich für den Sonntagsbraten beim Wirt ein Krügel Bier holen, das war schon fast luxuriös! Und ich durfte den Schaum abschlecken!
1954 war für meine Eltern der große Umbruch, meine Eltern bekamen eine Gemeindewohnung im fünften Wiener Gemeindebezirk. Eine Wohnung mit einem richtigen Badezimmer, einen Gasherd und eigener Toilette! Eine prägende Erinnerung war: Der Umzug war spartanisch, ein Klappbett, ein Kasten mit Kleidung, ein geflochtener Wäschekorb und ein paar Kisten und Säcke mit Hausrat. Nachdem die Helfer gegangen waren, zogen sich meine Eltern und mich aus und drehten im Badezimmer das Warmwasser der Brause auf. Klingt banal, aber für die damaligen Verhältnisse war eine eigene Dusche der Gipfel an Luxus! Wir standen zu dritt im warmen Wasser und meine Eltern umarmten sich und weinten vor Glück. Eine prägende Erinnerung, die ich nie vergessen werde!
Webseite
https://www.story.one/de/author/richard-wissinger-7708/
Der Schleichhandel in der Steiermark
Gilda P., Jg. 1929 - 24. April 2025, 14:18
Grundsätzlich war der Zusammenhalt nach dem Krieg sehr groß. Man halt zusammengehalten, damit man durchkommt. Aber ein paar haben es sich irgendwie gerichtet und sich mit Schleichhandel beschäftigt. Die sind tadellos gekleidet auf der Straße dahergekommen. In Graz, im Volksgarten hat es viel Schleichhandel gegeben. Da gab es auch oft Razzien. Ich war nur einmal dort, denn ich wollte keine verbotenen Sachen machen. Dort konnte man alles tauschen, auch seine Goldsachen.
Auch bei uns in Mitterdorf gab es Schleichhandel. Aber das war mehr im Haus, nicht auf der Straße. Einige Leute sind dadurch reich geworden. Die sind ins Burgenland gefahren oder in die Oststeiermark zu den Bauern und haben Sachen geholt. So hat der Schwarzhandel funktioniert.
Erzählungen meiner Großmutter
Elisabeth Blaickner - 24. April 2025, 11:58
Meine Großmutter, geb. 1913, erzählte mir in den frühen 70ern vom Krieg und danach
Erinnerungen an Aussagen meiner Großmutter aus dem Krieg und der Zeit nachher
Meine Großmutter, geb. 1913, wohnhaft in Friedberg, Steiermark, erzählte mir, dass ihr 1944 zweitgeborenes Kind, mein Onkel, als Baby keine Zucker kannte. Das „Flaschi“ wurde nur mit Milch zubereitet. Als es dann nach Kriegsende – ich weiß nicht ab wann, aber es muss bald gewesen sein, weil mein Onkel das Flaschi noch bekam - wieder Zucker gab und sie sein Flaschi süßte, lehnte er es ab, weil er den Zucker nicht kannte und dessen Geschmack nicht mochte. Mir kam das als Kind in den 70ern wie eine furchtbare Entbehrung vor, dass man keine gezuckerten Sachen essen und trinken konnte, damals gab es noch kein Bewusstsein über die Gefahren von Zucker. Mein Onkel hat mir entsetzlich leidgetan.
An diese Worte meiner Großmutter und ihrer älteren Schwester kann ich mich auch noch gut erinnern:
„Als die Russen kamen, habe wir jede ein Kind genommen und fest mit beiden Armen an die Brust gedrückt, damit sie uns nicht vergewaltigen. Wir hatten Todesangst, und haben gedacht, die müssen unser Herzklopfen hören, so laut kam es uns vor. Dann aber waren es bei uns kinderliebende Soldaten, die die Kinder verwöhnten und uns in Ruhe ließen. Von anderen Frauen hörten wir Grauenhaftes. Vor allem deine =meine Mutti haben sie verehrt. Kleine Soldatenbraut haben sie gesagt zu ihr.“ Es gibt noch ein Schwarzweißbild von meiner Mutter, wie sie als Kleinkind in hohen Schnürstiefeln und Hosen und Jacke im Gras steht und lächelt. Ich kann mich noch erinnern, wie ich dieses Gefühl nie loswurde, dass meine Großmutter einem schlimmen Schicksal entkommen ist, obwohl ich damals nicht verstand, was eine Vergewaltigung war.
Einmal erzählte sie, dass es im Krieg nichts zu essen gab. Ich konnte mir das als Kind in den 70ern nicht vorstellen. „Der Greißler war zu, weil der N.N. im Krieg war und es war eh nichts in den Regalen. Also sind wir in der Nacht auf das Feld geschlichen, haben dunkle Sachen angehabt und uns gefürchtet und haben ein paar Kartoffeln gestohlen. Der ?? hatte eine Kuh und gab uns einen Löffel Butter und wir hatten noch Salz.“ Auch das war für mich eine entsetzliche Vorstellung, dass man nur Salzkartoffeln zu essen hatte. Ich glaube auch, dass meine Mutter deswegen eine große Hingabe zum Kochen entwickelt hat und zeitlebens Neues aus aller Welt ausprobierte.