Gemeinsam erinnern
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Der Russe, der gerne eine Freundin gehabt hätte
Gilda P., Jg. 1929 - 25. April 2025, 13:29
Die Propaganda gegen die Russen war sehr hart im Vergleich zu dem, was wir dann erlebt haben. Die Russenzeit war insofern die mieseste Zeit in der ganzen Besatzung, weil es nichts zu essen gab. Die Russen haben uns eingesalzenen Speck gegeben. Aber das konnten wir nicht essen. Sonst haben wir von den Russen nichts bekommen, weil sie ja auch rationiert waren.
Ich erinnere mich, da war mal ein russischer Offizier, der wollte unbedingt eine Freundin haben, zum Beispiel mich hätte er haben wollen. Aber eine liebe Freundin hat sich vor mich gestellt. Die haben sehr viel herumgekaspert. Das war so lustig. Er hat mit ihr verhandelt um mich, aber sie hat ihm gesagt: die ist viel zu jung, da machen wir nix. Ich war damals 16. Und dann ist er weg. Ich hab damals noch absolut nix wissen wollen von Männern.
Hiesige z'erscht, Zuagroaste nur, wann a Platz is
Gunther Neumann - 24. April 2025, 15:17
Mythen - und die Realität unser aller Aufnahme- & Hilfsbereitschaft
Meine Großeltern bzw. meine damals jungen Eltern kamen nach dem zweiten Weltkrieg 1945/46 als Vertriebene nach Österreich und fanden im Salzkammergut Aufnahme – oder Unterschlupf. Auch wenn die idyllische Gegend anders als die großen Städte kaum vom Krieg verheert war: die Not war überall groß, und die Aufnahmebereitschaft der Ansässigen hielt sich in Grenzen. Die alliierten Besatzungsmächte ließen allerdings keinen Widerspruch zu. Öffentliche Hilfe war natürlich nicht vorhanden, aber beim „Hamstern“ – so hieß das Betteln und Tauschen von irgendetwas gegen Essen – steckten ihnen manche etwas zu. Hunderttausenden ging es ähnlich, oder noch viel schlechter. Nur wenige Monate zuvor waren ja noch ganz anders geschundene Menschen durch österreichische Dörfer getrieben worden: Einige Landsleute hatten gemordet, andere gejohlt, viele beschämt bis entsetzt weggeschaut, wenige hatten – unter Lebensgefahr – den Erbarmungswürdigen etwas Essbares gegeben. Über die prozentuale Verteilung von Mut oder Wegsehen, von Großzügigkeit oder Niedertracht kann die Geschichtswissenschaft kaum je genau Auskunft geben – und die Erinnerung ist manchmal getrübt oder geschönt.
Meine Großeltern und Eltern verdingten sich, die Erlebnisse der eigenen Vertreibung im Kopf, im günstigen Fall als nächtliche Holzteller-Bemaler für amerikanische Offiziere, als Hilfsarbeiter, als Torfstecher, bei den Bauern des Salzkammergutes. Zur Arbeitsstelle ging es über viele Kilometer zu Fuß: für den seltenen öffentlichen Bus galt beim Öffnen der Tür das Wort des Fahrers: „Einheimische z’erscht, Zuag’roaste nur, wann a Platz is.“ Allzu oft war kein Platz. Und an den „Zuag’roasten“ klebte in der gleichsprachigen Fremde eine Unterstellung: Wer vertrieben war, musste doch etwas ausgefressen haben, oder..? Üble Nazis vielleicht? (was nicht zutraf) - im Gegensatz zu uns Einheimischen… Auch über uns nachgeborene Kinder hing am Land noch viele Jahre später ein Braunschleier: Kind von Vertriebenen. Das war nicht cool. Eher peinlich. Sohn oder Tochter etwa von chilenischen Flüchtlingen zu sein, hatte später in der großen Stadt weit mehr Pep. Bis sich auch das mit neuen Flüchtlingsbewegungen wieder änderte.
Doch waren die Einheimischen 1945/46 wohl nicht schlechter oder besser als Menschen anderswo in ähnlichen Situationen. Die nachträgliche Heroisierung vermeintlicher Selbstlosigkeit einst hält der Überprüfung kaum je stand: Heute vielzitierte Vergleiche mit 1956, 1968 oder den neunziger Jahren hinken, mehrfach. Ungarn, die Tschechoslowakei wie auch das zerfallende Jugoslawien waren Nachbarländer Österreichs. Ein Blick in Zeitungsarchive beweist, dass auch 1956 die Abwehr bald stärker war als die anfängliche Hilfsbereitschaft. Die Grenzen wurden nach wenigen Monaten von den Machthabern in Budapest wieder recht hermetisch geschlossen. Die Unterschiede in Kultur, Gewohnheiten, auch Religion waren gering. Und von 180 000 Tausend Flüchtlingen jener Monate blieben 10% in Österreich, von 160 000 aus der CSSR 1968 noch weniger. Viele der zehntausenden ukrainischen, aber auch syrischen und afghanischen Hilfesuchenden werden bei uns bleiben - und stellen unsere Aufnahmebereitschaft sehr umfassend auf die Probe.
Webseite
https://www.gunther-neumann.com
Das neue Leben
Richard Wissinger - 24. April 2025, 14:42
Das kleine Glück in einer kargen Zeit
1949, als ich geboren wurde, war in Wien eine Zeit des Mangels. Meine Eltern waren, wie so viele ihrer Generation, ihrer Jugend beraubt und versuchten, ihr Leben in den Griff zu kriegen. Mein Vater war nach Jahren der Arbeitslosigkeit in den Krieg eingezogen worden und 1947 aus Russland zurückgekommen. Meine Mutter hatte mit ihrem ersten Mann nur drei Monate gemeinsames Leben, bevor er in Russland umkam. Für beide eine geraubte Jugend!
Obwohl beide Eltern arbeiteten, waren die Fünfzigerjahre eine karge Zeit. Man kann sagen, immer nur Erdäpfelsalat, Grießbrei und selten Schnitzel. Die Hälfte des Lohnes wurden für Lebensmittel gebraucht. Dies waren fast nur Grundnahrungsmittel, Fleisch war relativ selten. Einmal durfte ich für den Sonntagsbraten beim Wirt ein Krügel Bier holen, das war schon fast luxuriös! Und ich durfte den Schaum abschlecken!
1954 war für meine Eltern der große Umbruch, meine Eltern bekamen eine Gemeindewohnung im fünften Wiener Gemeindebezirk. Eine Wohnung mit einem richtigen Badezimmer, einen Gasherd und eigener Toilette! Eine prägende Erinnerung war: Der Umzug war spartanisch, ein Klappbett, ein Kasten mit Kleidung, ein geflochtener Wäschekorb und ein paar Kisten und Säcke mit Hausrat. Nachdem die Helfer gegangen waren, zogen sich meine Eltern und mich aus und drehten im Badezimmer das Warmwasser der Brause auf. Klingt banal, aber für die damaligen Verhältnisse war eine eigene Dusche der Gipfel an Luxus! Wir standen zu dritt im warmen Wasser und meine Eltern umarmten sich und weinten vor Glück. Eine prägende Erinnerung, die ich nie vergessen werde!
Webseite
https://www.story.one/de/author/richard-wissinger-7708/
Der Schleichhandel in der Steiermark
Gilda P., Jg. 1929 - 24. April 2025, 14:18
Grundsätzlich war der Zusammenhalt nach dem Krieg sehr groß. Man halt zusammengehalten, damit man durchkommt. Aber ein paar haben es sich irgendwie gerichtet und sich mit Schleichhandel beschäftigt. Die sind tadellos gekleidet auf der Straße dahergekommen. In Graz, im Volksgarten hat es viel Schleichhandel gegeben. Da gab es auch oft Razzien. Ich war nur einmal dort, denn ich wollte keine verbotenen Sachen machen. Dort konnte man alles tauschen, auch seine Goldsachen.
Auch bei uns in Mitterdorf gab es Schleichhandel. Aber das war mehr im Haus, nicht auf der Straße. Einige Leute sind dadurch reich geworden. Die sind ins Burgenland gefahren oder in die Oststeiermark zu den Bauern und haben Sachen geholt. So hat der Schwarzhandel funktioniert.
Erzählungen meiner Großmutter
Elisabeth Blaickner - 24. April 2025, 11:58
Meine Großmutter, geb. 1913, erzählte mir in den frühen 70ern vom Krieg und danach
Erinnerungen an Aussagen meiner Großmutter aus dem Krieg und der Zeit nachher
Meine Großmutter, geb. 1913, wohnhaft in Friedberg, Steiermark, erzählte mir, dass ihr 1944 zweitgeborenes Kind, mein Onkel, als Baby keine Zucker kannte. Das „Flaschi“ wurde nur mit Milch zubereitet. Als es dann nach Kriegsende – ich weiß nicht ab wann, aber es muss bald gewesen sein, weil mein Onkel das Flaschi noch bekam - wieder Zucker gab und sie sein Flaschi süßte, lehnte er es ab, weil er den Zucker nicht kannte und dessen Geschmack nicht mochte. Mir kam das als Kind in den 70ern wie eine furchtbare Entbehrung vor, dass man keine gezuckerten Sachen essen und trinken konnte, damals gab es noch kein Bewusstsein über die Gefahren von Zucker. Mein Onkel hat mir entsetzlich leidgetan.
An diese Worte meiner Großmutter und ihrer älteren Schwester kann ich mich auch noch gut erinnern:
„Als die Russen kamen, habe wir jede ein Kind genommen und fest mit beiden Armen an die Brust gedrückt, damit sie uns nicht vergewaltigen. Wir hatten Todesangst, und haben gedacht, die müssen unser Herzklopfen hören, so laut kam es uns vor. Dann aber waren es bei uns kinderliebende Soldaten, die die Kinder verwöhnten und uns in Ruhe ließen. Von anderen Frauen hörten wir Grauenhaftes. Vor allem deine =meine Mutti haben sie verehrt. Kleine Soldatenbraut haben sie gesagt zu ihr.“ Es gibt noch ein Schwarzweißbild von meiner Mutter, wie sie als Kleinkind in hohen Schnürstiefeln und Hosen und Jacke im Gras steht und lächelt. Ich kann mich noch erinnern, wie ich dieses Gefühl nie loswurde, dass meine Großmutter einem schlimmen Schicksal entkommen ist, obwohl ich damals nicht verstand, was eine Vergewaltigung war.
Einmal erzählte sie, dass es im Krieg nichts zu essen gab. Ich konnte mir das als Kind in den 70ern nicht vorstellen. „Der Greißler war zu, weil der N.N. im Krieg war und es war eh nichts in den Regalen. Also sind wir in der Nacht auf das Feld geschlichen, haben dunkle Sachen angehabt und uns gefürchtet und haben ein paar Kartoffeln gestohlen. Der ?? hatte eine Kuh und gab uns einen Löffel Butter und wir hatten noch Salz.“ Auch das war für mich eine entsetzliche Vorstellung, dass man nur Salzkartoffeln zu essen hatte. Ich glaube auch, dass meine Mutter deswegen eine große Hingabe zum Kochen entwickelt hat und zeitlebens Neues aus aller Welt ausprobierte.
Anekdote zum Kriegsende
Armsdorfer - 24. April 2025, 10:24
So erzählte meine Großmutter das Kriegsende
Meine Großmutter (geboren im Oktober 1928) war gegen Kriegsende als Magd bei einem Bauernhof in Seekirchen am Wallersee beschäftigt. Als sie eines Tages aus der Stalltüre hinaussieht, sagt sie zur nebenstehenden Bäuerin:“ jetzt kann der Krieg nicht mehr lange dauern, die haben ja nicht mal mehr Türen an ihren Wägen!“ Darauf erwiderte die Bäuerin: „Dummes Dirndl, das sind ja schon die Amerikaner!….
kriegsjahre im flachgau
franz braunwieser - 24. April 2025, 10:21

1947 ahnl und ich
kriegsjahre im salzburger flachgau
franz braunwieser - 24. April 2025, 10:18

kriegsjahre im flachgau 2
die gestohlene kuh
franz braunwieser - 24. April 2025, 10:05
diebstahl - hunger - familiärer zusammenhalt
1944 bewirtschftete meine mutter alleine den bauernhof, mein vater war in russland und kam 1948 erst aus der gefangenschaft heim
meine schwester war 5, ich 3
als die mutter früh morgens in den stall zum melken ging und da war eine der beiden kühe einfach weg
man hatte sie uns in der nacht gestohlen
die verbliebene kuh kam zur sicherheit zum mesner und bauern in der ortsmitte, das hatte der bürgermeister so unterstützt
damit unsere letzte nahrungsquelle -besonders für uns kleinkinder - gerettet und gesichert war
es waren ja auch noch 2 Cousins (2,4 jahre), die schwägerin, ehnl und ahnl (die grosseltern) und ein französischer zwangsarbeiter am hof
jeden tag 2x musste meine mutter nun 20 min zum melken ins dorf gehen
gut dass wir eine so grosse familie waren und zusammen geholfen haben
die väter waren im krieg die frauen mussten alles alleine bewältigen
Krieg: Mit dem Baby auf der Flucht, Seite 2 von 2
Karl Graf - 23. April 2025, 21:56

Kopie aus dem Stotzinger Geschichtenbuch 1997. Entstanden durch Befragung alter Leute