Erinnerungen an 1967

Von: oe1post | 21. Juli 2017, 17:33

Dieses Schreiben erreichte uns postalisch und wird unter dem Nickname "oe1post" veröffentlicht. (Ö1)

Das Jahr 1967 war für mich schicksalhaft, da es mir trotz des Widerstandes des damaligen Musikchefs Dr. Hans Sachs gelungen ist, als Frau zu einem Probespiel zum ORF Symphonieorchester zugelassen zu werden und in dieses Orchester aufgenommen worden zu sein!
Bei einer mündlichen Bewerbung sagte mir Dr. Hans Sachs, die Frauen im Orchester wären eine Nachkriegserscheinung, man möchte lieber Männer!! Obwohl eine Stelle frei und ausgeschrieben war, schrieb man mir, es wäre keine Stelle vakant. Dann rief mich eine Geigerin an, wieso ich nicht beim Probespiel wäre. Ich solle sofort kommen. Das tat ich, vorbereitet war ich ja immer, packte mein Cello, fuhr in den Rundfunk, zeigte die Bestätigung des eingeschriebenen Lebenslaufes etc, her.
„Da muss etwas passiert sein, schreiben´s nochmals einen Lebenslauf und spielen´s vor“.

Das war der Beginn meiner wunderschönen Zeit im ORF! Jetzt bin ich 80, lebe mit meiner autistischen Tochter Laila in meinem Elternhaus, spiele bei diversen kleineren Veranstaltungen Cello, meine Tochter malt in Gugging.

Ich denke oft an die ersten Konzerte unter Max Schönherr im Sendesaal, dann an die Gründung des ORF Symphonieorchesters 1968 unter Milan Horvath. Die ersten Tourneen durch Österreich, bei denen wir überall groß gefeiert wurden! Der Pioniergeist erfüllte uns alle bis zum letzten Pult!
Das Funkhaus hat sich inzwischen sehr verändert. Damas gab es noch Garderoben mit Garderobenfrauen. Sie hatten umhäkelte Kleiderbügel für uns Musiker bereit. Wenn meine Mutter keine Zeit für meinen kleinen Sohn hatte, gab ich ihn fallweise in der Garderobe mit einem Korb Matchboxautos ab! Die Aufnahmekabinen waren woanders, hinten oben im Sendesaal. Dort waren auch Pausenräume für uns. Die Kantine war oben im 4. Stock, die Krankenscheine holte man zuerst im Büro, später bei einem Automaten im Halbstock rechts vom Eingang. Gegenüber des Funkhauses war ein großer Parkplatz und eine Grünfläche. Dort verbrachte ich oft die Mittagspause.-
In der ORF Clubzeitung im September 2016 schrieb man über mich!
Mich freut es sehr, dass das Thema Frauen im Orchester kein Thema mehr ist, dass die ersten Frauen vor mir, dann mit mir bewiesen, dass wir viel aushalten und nicht wegen 37 Grad Fieber oder Schnupfen zu Hause bleiben! Und dass wir unsere beruflichen Aufgaben gewissenhaft erfüllten war ja selbstverständlich! Ich saß am ersten Cellopult und wurde noch in den Jahren meiner Pension von Leuten angesprochen! Soetwas freut einen!

Das wären halt ein paar Gedanken über 1967!

Mit besten Grüßen Alexandra Bachtiar

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