Hetscherl - Höre ich zum ersten Mal
Von: Sonja S. | 9. Jänner 2024, 00:24
Hetscherl – Höre ich zum ersten Mal (Gitarre1)
„Hagebutten soll man im Herbst nur leicht zurück schneiden“, erfährt sie vom Nachbarn durch die Thuja. „Höre ich zum ersten Mal“, sagt sie zu sich selbst, „ich dachte immer ein Komplettschnitt wäre gut?“ „Auf gar keinen Fall radikal!“, schreit er fast panisch, „dies schadet doch den Rosen. Dazu muss man bis zum Frühling warten.“
In der Botanik erscheint ihr das Gehörte recht überschaubar. Nur, wie geht sie als beschnittener Mensch, mit dem ihr verpassten Frühlingsschnitt, im Winter um? (Gitarre2)
An schlechten Tagen breitet sich ein Klumpen in ihr aus. Materialbeschaffenheit unerheblich. Schwer wie ein Stein, verwest er wie Ausgeschiedenes. Plump ohne Ecken und Kanten, zerfließt er anfangs in alle Himmelsrichtungen, um letztendlich irgendwo im Erdreich zu versickern. Eine Schwere, wie es nur tiefschwarz auszudrücken vermag. Obendrauf ein Mantel. Auf ihrer Brust. Er drückt wie Blei. Ihr Atem wird mühsam. Der (Ächzen) Schweiß zu wider. Zu schwarz ist die unbekannte Tiefe. Zu fett die Dame in Schwarz. (Trigger-klick)
„Dame in Schwarz? (Trigger-klick) Höre ich zum ersten Mal!“ Tja, sie nicht. Sie hat sie gut kennen gelernt. Wie eine Brandwunde im Fleisch. (Gitarre1)
An guten Tagen überlegt sie, wie es wäre, wenn sie diese Frau einfach wegschicken könnte?
„Möchten Sie, Frau Depression, ein paar Hagebutten probieren? Vielleicht stechen Sie sich beim Versuch und ertrinken in Rot? Na, was halten Sie von einem Farbwechsel?“
Hagebutten mag sie besonders. Sie leuchten aus der Ferne. Der Drang sie zu pflücken ist reizvoll. Isst sie die Früchte nicht mit Bedacht, (Ächzen) kratzt ihr ganzer Hals und sie spuckt die Samen wieder aus. Mit der Dame ist es ähnlich. Diese winkt ihr aus der Distanz. Ihre stechenden und kratzenden Eigenschaften enden im krampfhaften Würgen. Aus dem Weg geht sie der Dame in Schwarz (Trigger-klick) trotzdem nicht. Umgekehrt genauso wenig. Zu viel Aufmerksamkeit haben sich die beiden Weggefährtinnen geschenkt und sie kann nicht erkennen, wie sie ohne diese Dame leben soll.
„Wie war das früher nochmal?“, sinniert sie. Was macht sie denn nach all den Jahren noch aus, in denen sie mit der Dame schmerzhaft auszukommen gelernt hat? Was wäre sie ohne diese Frau? Weg von ihr? Freiheit fühlen. Tiefschwarz gegen feuerrot einzutauschen! Wünscht sie sich nicht genau das? (Gitarre2)
(Seufzen) Schwarz ist ihr Halt auf verquere Weise. Schwarz verpasst ihren nichtssagende Erklärungen eine Logik. Aber sie spürt, dass es an der Zeit ist, sie gehen wollen zu lassen. Die Farbe und die Dame in Schwarz (Trigger-klick). Ihr zu danken vermag sie nicht. Aber Anteilnahme ist ihr erster Schritt in Richtung Vergebung, dass diese Erscheinung aus den Tiefen herauf gestiegen ist und die Farben in ihrem Leben verdrängte. Akzeptieren, dass sie sich eine lange Zeit – nicht rechtens – zum Mittelpunkt ihres Lebens erhoben hat.
Warum auch immer die Dame zu Besuch gekommen ist, sie benötigt ihre Anwesenheit nicht mehr. Sie schneidet sie kurz und klein. Wie eine Pflanze in ihrem Garten, die sie nicht mehr sehen möchte. Sie beendet die Existenz der Dame und nimmt das Dasein der Stacheln für das fruchtige Rot der Hetscherl in Kauf. Durch das Pflücken der Hagebutten, wird sie sich wohl kaum eine tiefschwarze Blutvergiftung zu ziehen.
Ihre Möglichkeit der Depression Lebe wohl zu sagen, ist da! Und die Dame? Ihre Dame in Schwarz (Trigger-klick) winkt nicht mehr aus der Ferne. (Gitarre1) Sie schaut teilnahmslos zu ihr herüber und denkt sich, „Lebe wohl? Das höre ich zum ersten Mal, seitdem ich auf Besuch gekommen bin!“
Übersicht:
Track 5’ - Höre ich zum ersten Mal