Die Pest

Von: Daniele Brusadi | 3. Juli 2020, 22:22

Was machen Sprachen mit Räumen? In dieser performativen Leseszene hören Sie die Stimmen von Anna und Markus. Sie rezitieren das mittelhochdeutsche Lied «Ich spür ain tier» des Dichters Oswald von Wolkenstein (1370-1445). Die romantisch-stereotype Anfangsidylle: ein leerer Raum, der sich langsam füllt mit der apfelsüßen m/w-Stimmenkonstellation. Die Konservendose wird aber bedrängt vom Durchbruch einer Latenz: Die Evidenz der Präsenz der Stimmen von Luca, Daniel, Aurelie, Iona, Magdad und Tarek modifiziert die ursprüngliche Euphorie. Mit dem hartnäckigen Festhalten an einer fragwürdig gewordenen Kulturtechnik verblasst die anfängliche Spracheuphorie und wendet sich in ihr Gegenteil: dem Schweigen, der Dysphorie aller Anwesenden. Der Beitrag zeichnet nicht nur eine katastrophale Gesellschaftsentwicklung von Österreich seit 2015 nach, sondern hinterfragt auch kritisch den Akt kollektiven Lesens im öffentlichen (digitalen) Raum in und während der aktuellen Krise.

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