1967 ... im Englischen Garten in München

Von: koehlmeiero | 8. Juli 2017, 11:08

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Juli 1967. Ein Schulfreund und ich beschlossen, in den Sommerferien für ein paar Tage nach München zu trampen. Wir waren beide 17, bald 18. Trotzdem durften unsere Eltern nichts von unseren Plänen wissen. Man stelle sich das vor. Heute marschieren achtjährige von Syrien bis England, von Afghanistan bis Schweden. Unbegleitet. Unsere Eltern hätten uns – Siebzehnjährigen - niemals erlaubt, die nicht mal 200 Kilometer von Vorarlberg bis München zu trampen. Also sagte ich meinen Eltern, dass ich ein paar Tage bei meinem Schulfreund in Bregenz verbringen werde. Und mein Schulfreund sagte zu seinen Eltern, dass er ein paar Tage bei mir in Hard (der Nachbargemeinde von Bregenz) sein werde. Und wir zogen los. Und erreichten nach einem langen Tag auf der Bundesstraße München, wo wir (wie zuvor schon beschlossen) im Englischen Garten in unseren Schlafsäcken übernachten wollten. Der Englische Garten in München hatte für uns Jugendliche einen abenteuerversprechenden Namen, während er von der älteren Generation verteufelt wurde. Vor allem wegen dem, was sich dort ab Mitte der 60er-Jahre abspielte. Der Hügel um den Rundtempel „Monopterus“ wurde zum Treffpunkt der Hippies und Gammler, der alternativen Bewegung, der Musiker, Dichter, Kleinkünstler. Er – der Englische Garten – wurde zum Feindbild der Bürgertums, zum Symbol der Gegenkultur. Und eben diese alternative Gegenkultur erlebten wir, zwei Jugendliche aus dem bieder-konservativen Vorarlberg. Was sich da drei Tage und Nächte hindurch in diesem Englischen Garten abspielte, das war für uns unglaublich und hat uns (zumindest mich) für den Rest unseres (meines) Lebens geprägt. Da lagen junge Männer und Frauen friedlich im Gras und sagen Lieder. Jeder umarmte jeden. Die Mädchen trugen lange wallende Kleider, bunte. Viele zeigten ganz selbstverständlich ihren Busen. Die Burschen hatten lange Haare und Bärte. Allerorten wurde Musik gemacht und von Friede gesungen. Jede und jeder rauchte und über allem lag ein süßlicher benebelnder Duft. Es war unglaublich. Und spätestens ab dem Zeitpunkt wusste ich: es gibt noch etwas Anderes, es gibt auch eine andere Welt, nicht nur die, die uns von Pfarrer, Lehrer, Ortsparteivorsitzendem in Vorarlberg vorgezeigt und als erstrebenswert dargestellt wurde.

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