Athen: Radikale Einsparungen im Staatsdienst

In Griechenland, das derzeit den EU-Vorsitz führt, hat sich die Regierung in den eineinhalb Jahren seit ihrem Antritt nicht viele Freunde gemacht. Weder bei den Griechen, denen die Einschnitte ins Sozialsystem zu weit gehen, noch bei den internationalen Geldgebern, die oft gerne mehr sehen würden. Sparen ist jedenfalls weiter angesagt, so etwa muss der Staatsdienst weiter verkleinert werden.

Mittagsjournal, 11.1.2014

Aus Athen,

An einer der umstrittensten Stellen in Athen sitzt der Minister für Verwaltungsreform, Kyriakos Mitsotakis. Der frühere Unternehmensberater, der aus einer traditionellen griechischen Politikerfamilie stammt, hat die Aufgabe, den Staatsdienst zu entrümpeln und tausende Beamte zu entlassen. Und er wird das auch tun, sagt er im Ö1-Gespräch.

Land muss sich ändern

Vor dem Büro des Ministers für Verwaltungsreform in einer Athener Hauptverkehrsstraße wird wieder einmal demonstriert. Etwa zweihundert öffentlich Bedienstete, denen die Entlassung droht, zürnen dem Minister. Ein Großaufgebot von Polizei sichert das Gebäude. 12.500 Staatsdiener hat er im Vorjahr in die sogenannte Jobreserve versetzt, noch einmal so viele sollen in den nächsten Monaten folgen. Wer nicht für eine neue Stelle umgeschult werden kann, ist weg. So ist es mit den Geldgebern ausgemacht. Die Demonstranten nennen Verwaltungsminister Kyriakos Mitsotakis einen Lügner. Dagegen wehrt er sich: Vom ersten Moment als Minister habe ich gesagt, dass wir verpflichtet sind, bis Ende des Jahres 15.000 Leute rauszuwerfen. Das muss passieren und es wird passieren.

Mitsotakis ist aber keiner, der sich nur auf die Geldgeber und deren Kontrollore ausreden will. Der 45-jährige frühere Unternehmensberater und Sohn eines ehemaligen Ministerpräsidenten, der selbst eigentlich nie in die Politik wollte, ist überzeugt, dass sich Griechenland ändern muss: Es geht nicht nur darum, Leute zu feuern. Das ist nur ein kleiner Teil. Wie wird die Verwaltung bürgerfreundlicher, wie beseitigen wir Amtsschimmel. Wie belohnen wir gute Beamte und wie rekrutieren wir sie? Das ist nicht in ein, zwei Jahren gemacht und wahrscheinlich auch nicht, wenn ich diesen Platz räume.

Bevölkerung verarmt

In Griechenland ist erstmals groß von Korruption die Rede. Nicht von der weit verbreiteten Praxis, dass ohnehin jeder die Hand aufhalten würde. Die Behörden verfolgen Bestechungsskandale. Ehemalige Minister wandern ins Gefängnis. Ein Ex-Beamter packt über groß angelegte Bestechung bei Rüstungsdeals aus. Minister Mitsotakis sieht einen Wandel: Natürlich gibt es noch immer Korruption. Die ist eben auch das zweite Gesicht schwerfälliger Bürokratien. Aber was die Leute jetzt erstmals sehen ist: Ja, man kann auch bestraft werden und ins Gefängnis kommen. Wenn ich als Beamter nicht zur Arbeit gehe, kann das Konsequenzen haben. Das war bisher nicht der Fall. Griechenland hat ein Jahrhunderte altes Patronagesystem. Und das Schiff dreht - langsamer als viele wollen, aber man muss die Größe dieser Änderungen sehen.

Doch in der krisengeplagten Bevölkerung ist anderes wichtig. Die Arbeitslosigkeit ist auf Rekordhöhe, ein Drittel der Bevölkerung gilt als armutsgefährdet. Es wird besser, verkündet die Regierung dieser Tage immer wieder. Mit den Geldgebern will sie weniger darüber sprechen, was noch fehlt, sondern mehr darüber, was schon erledigt ist: Was wir geschafft haben, kann sich sehen lassen. In vier Jahren das extreme Defizit in den Griff gebracht. Das war schmerzhaft und wir zahlen den Preis.

Die Wirtschaft ist um ein Viertel geschrumpft seit Beginn der Krise. Laut allen Umfragen hätte die jetzige Koalition der einstigen Großparteien keine Mehrheit mehr.