Dennoch vor allem symbolisch

Konferenz mit neuen Ansätzen

Es hat schon viele Konferenzen zur weiteren Entwicklung Afghanistans gegeben - und sie haben nicht besonders viel gebracht. Dieses Mal soll es anders sein. Denn erstmals findet eine solche Konferenz im Land selbst statt, zweitens ist sie hochrangig besetzt und drittens nehmen erstmals auch die Nachbarländer direkt Teil.

Morgenjournal, 20.07.2010

Symbolischer Wert

70 Hochrangige Delegationen aus der ganzen Welt werden erwartet - darunter UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und 40 Außenminister, wie etwa Hillary Clinton - sie ist in der Nacht angekommen und wurde vom Präsidenten Karsai empfangen. Trotz der hochkarätigen Besetzung wird diese Veranstaltung hauptsächlich symbolischen Wert haben, denn es gibt nur geringe inhaltliche Erwartungen. So soll an die Maßnahmen die bei einer Konferenz in London im Jänner beschlossen worden sind angeschlossen werden: Also Bekämpfung der Korruption, finanzielle Hilfe - und die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen bis 2014.

Für strategische Geduld

US-Außenministerin Hillary Clinton warnt in einem BBC-Interview davor, sich zu früh aus dem Land zurückzuziehen: "Es gibt ganz eindeutige Anzeichen für Fortschritt in diesem Land - aber es geht nicht schnell genug. Trotzdem: Ich bin für eine strategische Geduld. Wir wissen was passiert, wenn wir uns zu früh zurückziehen."

Test für afghanische Behörden

Die Konferenz ist nicht zuletzt auch ein Test der Verwaltung des Landes. Erstmals sind die afghanischen Behörden für die Sicherheit zuständig: Und das Desaster der sogenannten Friedens-Jirga, Anfang Juni mit 1.600 Abgeordneten und unzähligen Anschlägen, soll sich keinesfalls wiederholen.

Experte: Nicht mehr als ein Fototermin

Afghanistan sei trotz dieser Konferenzpremiere noch nicht bereit, sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen, sagt der Afghanistan-Experte Thomas Ruttig, Co-Direktor des Afghanistan Analysts Network. Das Treffen dauer ja nur drei Stunden - nicht mehr als eine Foto-Gelegenheit für ausländische Würdenträger, so Ruttig. Die westlichen Mächte wollten die Konferenz zwar als Meilenstein darstellen, die Realität sehe aber anders aus: Die Sicherheitslage habe sich verschlechtert, ein Großteil der Entwicklungsgelder seien in korrupten Kanälen verschwunden. Allgemein herrsche Ratlosigkeit, wie man mit Afghanistan weitertun soll: "Die Schlussfolgerung vieler Regierung lautet, sich aus Afghanistan zu verabschieden, und dazu braucht man natürlich ein Bild, das man den einheimischen Wählern verkaufen kann, dass Afghanistan jetzt seine Angelegenheit in die eigene Hand nimmt. Aber ich sehe dafür sehr wenige Anzeichen."

"Politischer Wille schwindet"

Thomas Ruttig, Co-Direktor des Afghanistan Analysts Network, im Morgenjournal-Interview mit

Unrealistische Militärpläne

Den Plan, dass die afghanische Armee bis zum Jahr 2014 die vollständige militärische Kontrolle übernimmt, hält Ruttig für wenig realistisch. In den letzten acht, neun Jahren sei es nicht gelungen, die afghanische Armee funktionstüchtig zu machen. Nur ein sehr kleiner Teil der afghanischen Armee sei bisher alleine einsatzfähig. Und er sehe nicht, wie die versprochenen Militärtrainer unter den herrschenden Sicherheitsbedingungen an ihre Einsatzorte reisen könnten.

Afghanistan sich selbst überlassen?

Ruttig ist besorgt, dass der politische Wille im Westen, eine dauerhafte Afghanistan-Lösung herbeizuführen, schwindet. Die westlichen Mächte verlieren auch zunehmend die Geduld: Die Niederlande beginnen im August, ihre Truppen abzuziehen, Kanada und Polen folgen. "Und es kann natürlich so etwas wie einen Domino-Effekt geben. Das Resultat ist dann, dass man Afghanistan sich selbst überlässt."

Mittagsjournal, 20.07.2010

In der afghanischen Hauptstadt Kabul hat die internationale Truppensteller- und Geberkonferenz zur Zukunft Afghanistans begonnen. Elisabeth Manas