Taliban schicken Raketen

Anschläge bei Friedens-Jirga

Gewalt überschattet den Beginn der "Friedens-Jirga" in der afghanischen Hauptstadt Kabul. In drei Tagen suchen 1.600 Delegierte Lösungen für eine Aussöhnung mit den Taliban. Diese sind nicht bei der Ratsversammlung, ihre Präsenz haben sie dennoch gleich zu Beginn der Jirga mit zwei Raketenangriffen markiert.

Mittagsjournal, 02.06.2010

Taliban drohen mit Mord

Präsident Hamid Karzai ist mitten in seiner Eröffnungsrede, als ihn eine nicht weit entfernte schwere Explosion kurz innehalten lässt. "Seid unbesorgt, wir haben derlei schon oft gehört". Mit diesen Worten beruhigt er die Delegierten und setzt seine Rede unbeirrt fort. Wenig später folgen weitere Explosionen, man hört Feuergefechte und kreisende Hubschrauber. Die Taliban haben die große Ratsversammlung als westliches Machwerk abgeschmettert und gedroht, jeden zu töten, der an ihr teilnimmt.

Vertreter aller Landesteile dabei

Entsprechend groß ist mit mehreren tausend Polizisten und Soldaten das Sicherheitsaufgebot. Die Lage sei zu hundert Prozent unter Kontrolle, beruhigt auch der Vorsitzende der Jirga, der afghanische Bildungsminister, die 1.600 Versammelten. Unter ihnen sind 300 Frauen, es sind Abgeordnete, Stammes- und religiöse Führer, Mächtige aus Dörfern und Provinzen, Vertreter der Zivilgesellschaft.

Karzai wartet auf Vorschläge

Präsident Karzai hat die Konferenz gleich nach seinem Auftritt in einem gepanzerten Konvoi wieder verlassen. In seiner Rede hat er die Taliban dazu aufgerufen, die Waffen nieder zu legen. Den Delegierten trug er auf, die Versammlung am Ende mit einer hoffnungsvollen Nachricht zu krönen: "Die afghanische Nation wartet auf ihre Vorschläge, wie Frieden in unser Land gebracht werden kann.“

Verhandlungen mit Taliban

Mit der Friedens-Jirga versucht Karzai seine Rolle als Staatspräsident zu legitimieren und zu stärken. Er will sich den Segen aus dem ganzen Land zu holen, für seine (auch im Westen vielfach misstrauisch beäugte) Strategie, mit den Taliban zu verhandeln: Karzai will sowohl mit den Mächtigen auf der Führungsebene verhandeln, als auch mit den Fußsoldaten. Diese sollen mit Geld und Jobs ermuntert werden, die Seiten zu wechseln.

Keine Gespräche soll es dort geben, betont Karzai stets, wo Al-Kaida mit im Spiel ist, wohl wissend, wie schwierig es ist, klare Trennungslinien zu ziehen. Für die Taliban ist Karzai ein Feindbild, eine Marionette der USA. Verhandlungsangebote haben sie bisher entschieden abgelehnt. Ihre Führer erklären, nur und erst dann reden zu wollen, wenn alle ausländischen Truppen Afghanistan verlassen haben.