Elternteile sollen Druckmittel erhalten

Richter für Reform des Besuchsrechts

In der Debatte über die gemeinsame Obsorge für ein Kind nach einer Scheidung melden sich jetzt die Familienrichter zu Wort. In Österreich gebe es weniger ein Obsorge- als ein Besuchsrechtsproblem, sagen sie. Die Vorsitzende der Familienrichter, Doris Täubel-Weinreich, schlägt nun eine Reform vor - mit Sanktionen, die die Geldbörse treffen.

Morgenjournal, 16.08.2010

Alimente als Druckmittel

In Österreich haben Mütter und Väter ein großes Problem, ihr Besuchsrecht durchzusetzen, kritisiert Täubel-Weinreich: Wenn beispielsweise eine Mutter verhindert, dass der Vater das Kind sieht, obwohl ihm das zusteht, hat der nur wenige Möglichkeiten. Die verhängten Ordnungsstrafen würden keine Bewusstseinsveränderung bei der Mutter bewirken. Deshalb schlägt Doris Täubel-Weinreich statt Geld- oder sogar Haftstrafen vor, die Einhaltung der Besuchsregelung mit der Höhe der Unterhaltszahlung zu verknüpfen. Der Vater müsste zwar weiterhin die Alimente voll zahlen, ein Drittel des Geld käme aber auf ein gesperrtes Mündelkonto, das das Kind mit 189 Jahren dann bekommmt.

Erste Schritte in der Rechtsprechung

Und andererseits: Wenn sich ein Vater gar nicht um ein Kind kümmert, soll die Mutter laut Täubel-Weinreich auch höhere Alimentezahlungen fordern können. Und das solle auch in umgekehrter Richtung gelten. In einigen Fällen habe der Oberste Gerichtshof schon so entschieden, dass nämlich der Vater keinen vollen Unterhalt zahlen muss, wenn er das Kind sehr oft sieht. Bei dieser Gelegenheit sei auch schon das normale Ausmaß des Besuchsrechts errechnet worden. "Es tut sich was in dieser Richtung", so Täubel-Weinreich. Die entsprechende Bearbeitung der Akten sei zwar ein hoher Aufwand, aber im Interesse der Kinder notwendig.

Für Kindesentwicklung wichtig

Das Besuchsrecht nicht zuzulassen, bringt auch später Probleme, so die Familienrichterin. Der Vater werde glorifiziert in der Zeit, in der kein Kontakt besteht. "Aber der Vater ist kein Held, sondern hat auch Probleme. Und darum ist der Kontakt zu beiden Eltern so wichtig für Kinder."

Schlichtungsstelle statt Gericht

Generell tritt Doris Täubel-Weinreich dafür ein, Konflikte rund um das Besuchsrecht weg vom Gericht hin zu einer noch zu schaffenden speziellen Schlichtungsstelle zu verlagern. So könne man zum Beispiel teure Gutachten in weiterer Folge vermeiden.

Reaktionen: Bandion offen

Im Justizministerium sieht man den Vorschlag vorsichtig positiv, im Frauenministerium ist man dagegen.

Das ist durchaus ein diskussionswürdiger Vorschlag, so das Justizministerium: es sei klar, dass es derzeit keine wirkliche Handhabe zur Durchsetzung des Besuchsrechts gebe, hier besteht Handlungsbedarf, sagt Justizministerin Claudia Bandion Ortner von der ÖVP.

Heinisch-Hosek dagegen

Gegen den Vorschlag die Höhe der Alimente an das Besuchsrecht zu koppeln ist Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek von der SPÖ. Dass das Besuchsrecht reformiert werden muss, das sieht auch Heinisch-Hosek so - allerdings will sie das Besuchsrecht bei einvernehmlichen Scheidungen gleich mitregeln. Bei strittigen Scheidungen sollten zumindest die Besuchszeiten von den Richtern sofort festgelegt werden.

Auch eine - von den Familienrichtern ebenso geforderte Schlichtungsstelle sollte kommen, sagt Heinisch Hosek - also eine Stelle, die Konflikte um das Besuchsrecht außerhalb des Gerichts regelt. Im Justizministerium hält man dies für denkbar, will sich aber noch nicht festlegen.

Mittagsjournal, 16.08.2010

Positive und negative Reaktionen, Barbara Reichmann

Auch weitere Für und Wider

Gegen eine Koppelung Unterhalt-Besuchsrecht spricht sich auch die Wiener Kinder-und Jugendanwältin Monika Pinterits aus. Auch sie befürchtet Nachteile für die Kinder.

Anders sehen es hingegen Väterorganisationen etwa der steirische Verein "Vaterverbot": hier hält man den Vorschlag für eine gutes Druckmittel, um das Besuchsrecht durchzusetzen, sagt Obmann Thomas Auer.

Der Vorschlag der Familienrichter wird in die Arbeitsgruppe zum Thema gemeinsame Obsorge auf jeden Fall einfließen, betont man im Justizministerium, Nachteile für die Kinder dürfe es jedenfalls nicht geben. die nächste Gesprächsrunde findet im September statt.