Jugendwohlfahrt braucht mehr Geld

Immer mehr Problemfamilien

In Österreich brauchen immer mehr Eltern Unterstützung bei der Erziehung, das geht aus dem Jugendwohlfahrtsbericht des Familienstaatssekretariats für das Jahr 2009 hervor. Für Expertinnen und Experten ist das ein Alarm-Signal, sie fordern dringend mehr Geld und Personal für Jugendwohlfahrtseinrichtungen.

Morgenjournal, 29.07.2010

Bekannte Fälle

Laut Jugendwohlfahrtsbericht 2009 waren 11.000 Kinder bei Pflegeeltern, in Heimen oder in Kinderdörfern untergebracht, 27.000 wurden zuhause in ihren Familien betreut. Das sind um vier Prozent mehr als 2008. Immer mehr Eltern schaffen es nicht, ihre Kinder zu versorgen, diagnostiziert die Vorsitzende der Familienrichter Doris Täubel-Weinreich. Dabei komme das nicht "aus heiterem Himmel", man kenne die Vorgeschichten und wisse, dass es Probleme geben werde. Und gerade diese Eltern müssten die Einrichtungen der Jugendwohlfahrt möglichst früh unterstützen, sagt Täubel-Weinreich. Aber immer öfter würden Kinder den Eltern weggenommen, obwohl das das letzte Mittel sein sollte.

Zu wenige Betreuer

Die Jugendwohlfahrt müsse versuchen, die Kinder und ihre Familien zuhause, also ambulant zu betreuen, so die Familienrichterin. Dabei sollte jeden Tag jemand kommen und nachschauen, etwa ob die Kinder zu essen bekommen haben. Doch das gebe es nur in Ausnahmefällen, kritisiert Täubel-Weinreich. Gespräche alle 14 Tage sei für solche Problemfälle zu wenig. Die Jugendwohlfahrt habe auch zu wenige Leute, um eine derart intensive Betreuung machen zu können.

Angebot überprüfen

Die Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits fordert Beratungsstellen, an die sich überforderte Eltern wenden können. Ohne Angst haben zu müssen, dass ihnen das Kind weggenommen werden könnte - so wie beim Jugendamt. Und: "Wenn jemand Hilfe braucht, dann darf er nicht sechs oder acht Wochen warten müssen." Pinterits regt an, die relativ vielen Angebote in Wien zu evaluieren, "ob sie noch stimmig sind, welche Leute gehen dort hin, kann man Ressourcen abziehen und etwas anders entwickeln."

Wurzel für Jugendkriminalität

Die Jugendwohlfahrt brauche mehr Geld, fordert Familienrichterin Doris Täubel-Weinreich. Wenn nicht, wird sich das in der Jugendkriminalität bald bemerkbar machen, ist sie überzeugt. Denn die Wurzeln für Jugendkriminalität würden ganz früh gelegt, und sie verstehe überhaupt nicht, "warum man da nicht mehr Geld in die Hand nimmt."

Blockade Bund - Länder

Die Reform des Jugendwohlfahrtsgesetzes liegt schon seit Monaten auf Eis. Laut Staatssekretärin Christine Marek (ÖVP) blockieren die Länder. Die wiederum fordern mehr Geld vom Bund, um die zusätzlich vorgesehenen Leistungen auch finanzieren zu können.

Elternführerschein in Kärnten

Um mehr Eltern im Umgang mit ihren Kindern zu unterstützen, unternimmt jetzt das Land Kärnten einen Vorstoß. Ab Herbst soll es einen sogenannten Elternführerschein geben - nicht verpflichtend, sondern freiwillig. Und das Land verspricht dafür Geld.

Mittagsjournal, 29.07.2010

75 Euro für 20-Stunden-Kurs

Wer sich als werdende Mutter oder werdender Vater fortbildet, bekommt künftig Geld. Konkret: 75 Euro für die Absolvierung eines 20 Stunden-Kurses. Wie gehe ich richtig mit meinem Kind um, worauf muss ich achten, Eltern sollen dort erziehen lernen - das sind die Inhalte, sagt der Kärntner Soziallandesrat Christian Ragger.