Flaco Jiménez

AP/MARK ZALESKI

Spielräume

Leonardo "Flaco" Jiménez (1939-2025)

Musik aus allen Richtungen mit Michael Neuhauser. Erinnerung an Flaco Jiménez, den Weltstar des texanischen Conjunto-Akkordeons

Leonardo "Flaco" Jiménez war sieben Jahre alt, als sein Vater Santiago Jiménez ihn mitnahm ins Tanzlokal im texanischen San Antonio, wo er regelmäßig an den Wochenenden als Musiker dazuverdiente - mit herzhaften Polkas, Corridos, Rancheras und Walzern. Nun durfte an seiner statt der Sohn für einige Stücke in der Band die Knopfharmonika spielen - auf einer Bierkiste stehend, um das Instrument in die Nähe des Mikrofons zu bringen. Das Geld, welches das begeisterte Publikum für den Buben in einem Glas sammelte, war seine erste Gage. Ab da war der Weg vorgezeichnet; Flaco Jiménez wurde trotz seiner eher schüchternen Art schon als Jugendlicher zu einem Vollblut-Entertainer, der verlässlich die Säle füllte - ein "Llenasalones".

Hatten sein Großvater Patricio und sein Vater Santiago mit ihrem Spiel, ihrem Gesang und ihren Kompositionen die Conjunto-Musik als fixen Bestandteil der Tejano-Kultur im südlichen Texas der 1940er und 1950er Jahre entwickelt und etabliert, wuchs Flaco im Laufe seiner Karriere weit darüber hinaus, ohne die Tradition jemals ganz hinter sich zu lassen. Denn zunächst war nicht er es, der die Grenzen sprengte, vielmehr wurden auch Musiker ohne Latino-Wurzeln auf ihn aufmerksam und wollten sein treibendes Tex-Mex-Akkordeon in ihrer Musik haben, allen voran Ry Cooder, der ihn ab Mitte der 70er Jahre immer wieder ins Studio holte und auch auf Tournee nach Europa mitnahm. Das machte Flaco Jiménez und mit ihm die erdige Tanz-Musik aus San Antonio erst wirklich bekannt bei einem nicht mexikanischstämmigen Publikum in und außerhalb der USA.

In den 80ern und 90ern begannen dann Rockmusik, Country und Tex-Mex immer mehr zusammenzuwachsen, und Flaco Jiménez griff nun auch selbst aktiv andere Stilistiken auf, ohne sich jedoch dabei zu verbiegen. Mit der 1989 von ihm, Doug Sahm, Augie Meyers und Freddy Fender gegründeten Band Texas Tornados war ein weiterer Höhepunkt erreicht. Und bald übernahm auch eine neue, jüngere Generation begeistert das Erbe, um die texanische Conjunto-Musik ins neue Millennium zu bringen, wo sie nach wie vor blüht, etwa bei Max Baca und seinen Texmaniacs.

Doch ging und geht es damals wie heute hinter dieser ursprünglich nur für eine lokale, spanischsprachige Arbeiterschicht gespielten Tanzmusik immer um mehr als nur Unterhaltung, nämlich um eine Bestätigung und Bekräftigung der eigenen kulturellen Identität im prekären und heute erst recht wieder bedrohten Leben nahe der Grenze zwischen den USA und Mexiko.
Schon lange war der fünffach mit einem Grammy ausgezeichnete Flaco Jiménez von Krankheit gezeichnet, zumindest beim jährlichen Tejano Conjunto Festival in San Antonio betrat er dennoch immer wieder die Bühne. Am 31. Juli ist er 86-jährig in seiner Heimatstadt gestorben.

Sendereihe

Gestaltung

  • Michael Neuhauser

Playlist

Komponist/Komponistin: Leonardo Jiménez
Titel: La Complicada
Solist/Solistin: Flaco Jiménez
Ausführende: Los Caminantes
Länge: 01:20 min
Label: Arhoolie Records CD376

Komponist/Komponistin: Leonardo Jiménez
Titel: El Güero Polkas
Solist/Solistin: Flaco Jiménez
Ausführende: Los Rancheritos de Frank Benitez
Länge: 02:15 min
Label: Sombrero SO-2328

Komponist/Komponistin: Don Santiago Jiménez
Titel: Un Mojado Sin Licencia
Solist/Solistin: Flaco Jiménez
Solist/Solistin: Toby Torres
Länge: 02:50 min
Label: Sombrero SO-2007

Komponist/Komponistin: Ry Cooder
Titel: He'll Have To Go
Solist/Solistin: Ry Cooder
Länge: 05:08 min
Label: Reprise Records MS 2254

Komponist/Komponistin: Cuco Sánchez
Titel: Gritenme Piedras del Campo
Solist/Solistin: Flaco Jiménez
Solist/Solistin: Fred Ojeda
Länge: 03:34 min
Label: Arhoolie Records 3014

Komponist/Komponistin: Doug Sahm
Titel: Little Bit Is Better Than Nada
Ausführende: Texas Tornados
Länge: 03:33 min
Label: Reprise Records 9 46197-2

Komponist/Komponistin: Butch Hancock
Titel: West Texas Waltz
Solist/Solistin: Flaco Jimenez
Solist/Solistin: Emmylou Harris
Länge: 03:34 min
Label: Reprise Records 7599-26822-2

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