Kinderwagen auf einem Wanderweg

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Punkt eins

Gewollte Kinderlosigkeit, späte Familienplanung

Reproduktive Selbstbestimmung zwischen sozialem Druck und mütterlichen Idealen. Gäste: Dr. Veronika Siegl, Institut für Kultur- und Sozialanthropologie, Universität Wien & Dr. Mirijam Hall, Gynäkologin, Klinik Ottakring, Vorsitzende der Aidshilfe Wien, Vizepräsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung und SPÖ-Bezirksrätin in Wien. Moderation: Marlene Nowotny. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

In Ländern wie Österreich haben immer weniger Frauen einen Kinderwunsch. Die Zahl der Frauen, die sich kein Kind wünschen, hat sich zwischen 2009 und 2023 mehr als verdreifacht. Damit sank der durchschnittliche Kinderwunsch von 2,1 auf 1,7 Kinder pro Frau. Laut vorläufigen Schätzungen wird die Kinderlosigkeit für die in den 1990er Jahren Geborenen bis zu 24 Prozent betragen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Universität Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, für die mehr als 8.000 Personen befragt wurden.

Die Ursachen dürften vielfältig sein: Neben längeren Ausbildungszeiten, schwieriger Partnerfindung und der schlechten Vereinbarkeit von Familie und Beruf, fühlen sich viele mit Blick auf eine Familiengründung mittlerweile überfordert. Globale Krise und die anhaltende Teuerung sorgen für Unsicherheit. Beides, so die Studienergebnisse, verunsicherten Frauen mehr als Männer.

Doch gewollte Kinderlosigkeit stößt in unserer Gesellschaft nicht immer auf Verständnis: Der soziale Druck auf Frauen, Mutter zu werden bzw. werden zu wollen, ist nach wie vor enorm. Als Ursache für den fehlenden Kinderwunsch werden mitunter die Berufstätigkeit von Frauen bzw. Verbesserungen bei der Gleichstellung von Frauen und Männern ins Treffen geführt. Doch 50 Prozent der kinderfreien Frauen treffen ihre Entscheidung bereits vor ihrem 21. Lebensjahr und bereuen diese Entscheidung auch im Alter nicht, das zeigt eine Studie aus Deutschland.

Gleichzeitig verschiebt sich der Kinderwunsch vieler Frauen immer weiter nach hinten, in Lebensjahre, in denen die Fruchtbarkeit statistisch gesehen abnimmt. Künstliche Befruchtung, "social freezing" (das Einfrieren von Eizellen für eine spätere Befruchtung und Einpflanzung) oder Leihmutterschaft sind Praktiken, die immer weiter verbreitet sind bzw. deren rechtliche Rahmenbedingungen intensiv diskutiert werden.

Gleiches gilt für Schwangerschaftsabbrüche: Diese sind in Österreich nach wie vor verboten, seit 1975 jedoch unter bestimmten Umständen strafffrei gestellt. Vor 50 Jahren wurde in Österreich die sogenannte Fristenlösung eingeführt. Die derzeitige Regelung stellt zwar Schwangerschaftsabbrüche in den ersten drei Monaten straffrei. Dennoch kriminalisiert und stigmatisiert sie ungewollt Schwangere nach wie vor - denn obwohl es sich um einen medizinischen Eingriff handelt, sind die rechtlichen Rahmenbedingungen im Strafgesetzbuch geregelt.

Die Sozialanthropologin Veronika Siegl befasst sich in ihrer Forschung mit spätem Kinderwunsch, reproduktiver Selbstbestimmung und Rahmenbedingungen von Leihmutterschaft. Die Gynäkologin Mirijam Hall setzt sich für die Stärkung von reproduktiven Rechten und die Entstigmatisierung gewollte kinderloser Frauen in Österreich ein. Beide sind zu Gast in Punkt eins, um mit Marlene Nowotny und den Hörerinnen und Hörern über Kinderwunsch und Kinderlosigkeit, Ursachen und Vorurteile zu sprechen.

Und mit Ihnen: Rufen Sie in der Sendung an und nehmen Sie am Gespräch Teil unter 0800 22 69 79 oder unter punkteins(at)orf.at

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