EU-Abgeordnete zu Finanztransaktionssteuer

"Spekulation im Alleingang besteuern"

Das EU-Parlament könnte Druck für einen europäischen Alleingang bei der Besteuerung von Finanzgeschäften machen. Abgeordnete fordern die EU-Kommission auf, so schnell wie möglich einen Gesetzesvorschlag für eine Steuer auf Finanzgeschäfte vorzulegen. Ob sie eine Mehrheit bekommen, ist aber offen.

Morgenjournal, 08.03.2011

Österreich wirbt

Die Steuer soll nicht nur die Einnahmen sprudeln lassen, sie soll auch Spekulation an den Finanzmärkten eindämmen. Und dem Zufall wird nichts überlassen: Für ein Ja der Abgeordneten zur Besteuerung von Finanzgeschäften rührt vor allem Österreich die Werbetrommel. ÖGB und Arbeiterkammer haben eine Internet-Seite eingerichtet, von der aus Emails an alle Europaabgeordneten verschickt werden können. Eine halbe Million waren es laut AK und ÖGB in nur einer Woche. An diesen Emails habe man im EU-Parlament bemerkt, dass dieses Thema von vielen Bürgerinnen und Bürgern beobachtet werde, sagt Sven Giegold von den Grünen. "Deshalb wird es entscheidend sein, wie sich das Parlament jetzt äußert."

Heftige Debatte

Die Befürworter stoßen auf eine breite Front der Ablehnung. Die Kommission steht auf der Bremse. Aber vor allem Großbritannien will jeden Eingriff in die Finanzbranche verhindern. Nigel Farage, britischer Europaskeptiker: "Das ist eine Kamikaze-Aktion. Man könnte meinen, Europa will, den größten Finanzmarkt weltweit, London, am Arbeiten hindern!" - "Herr Farage, Sie haben nicht Recht. Ich sage deutlich ja zu einer Finanztransaktionssteuer. Die Politik kann dadurch die richtige Antwort geben um endlich die Ketten zu sprengen von der Knechtschaft durch den Finanzsektor", antwortet Martin Ehrenhauser von der Liste Hans Peter Martin. Und Andreas Mölzer (FPÖ): ""Die Besteuerung von Spekulation, die ja in vielen Fällen für die Realwirtschaft keinerlei Nutzen hat, durch eine Finanztransaktionssteuer, ist zweifellos der richtige Ansatz. Allerdings darf eine solche Steuer nicht zum Anlass genommen werden, um durch die Hintertür so etwas wie eine EU-Steuer einzuführen." Die Steuer müsse kommen, und zwar aus Gründen der Gerechtigkeit, erklärt SPö-Abgeordnete Evelyn Regner: "Wir haben schon viele Jahre diskutiert, und jetzt ist die Zeit reif, gerade vor dem Hintergrund der Sparpakete in Europa."

Kommission als Verbündete?

Deshalb stimmen Österreichs Abgeordnete ohne Wenn und Aber für einen europäischen Alleingang, erklärt ÖVP-Abgeordneter Othmar Karas. Und sein Fraktionskollege Markus Ferber von der CSU-Europagruppe ergänzt: "Unser Bestreben ist es, die Kommission als Verbündeten zu bekommen, um auf die Mitgliedsstaaten Druck auszuüben, dass Spekulation besteuert wird. Es kann nicht sein, dass nur Arbeit besteuert wird und Spekulation überhaupt nicht."

Entscheidung offen

Gibt es heute eine Mehrheit, liegt der Ball bei der EU-Kommission. Sie soll einen Gesetzesvorschlag oder zumindest eine Machbarkeitsstudie vorlegen. Dann muss mit den EU-Staaten über Höhe und Besteuerungsgrundlage verhandelt werden.