EU-Finanzminister verhandeln in Brüssel

Ringen um Finanzsteuer

In Brüssel wollen sich die EU-Finanzminister über eine Bankensteuer einigen. Der Plan droht an nationalen Alleingängen zu scheitern. Finanzminister Josef Pröll wird heute erstmals einen konkreten Vorschlag für eine Transaktionssteuer auf den Tisch legen.

Mittagsjournal, 01.10.2010

Bankenabgabe und Finanztransaktionssteuer

Deutschland, Großbritannien und Frankreich waren unter den ersten Befürwortern einer Bankenabgabe. Auch Österreich steckt mitten in den Verhandlungen mit der Finanzwirtschaft. In Ungarn müssen die Banken in diesen Tagen bereits die ersten Rate zahlen, bis zu 360 Millionen Euro sollen ins Budget fließen. Die zweite ist im Dezember fällig. Doch längst nicht alle Befürworter einer Bankenabgabe sind auch für die Besteuerung von spekulativen Finanzgeschäften, also die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Verwirrend?

Neuer Anlauf

Drei Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise zählt die Frage, wie die Verursacher zur Kasse gebeten werden sollen, und was mit diesem Geld geschehen soll, zu den heikelsten Themen. Mehrere Anläufe die Kakophonie zu beenden, scheiterten. Heute wird ein neuer Anlauf unternommen, erklärt Ratspräsident Didier Reynders: "Viele geben das Geld aus den Finanzsteuern im Gedanken schon aus: für das Klima, Budget, für EU-Förderungen. Aber bevor wir das Fell zerteilen, müssen wir uns zunächst einmal politisch auf diese Steuer einigen."

Pröll legt Modell vor

Finanzminister Josef Pröll legt ein Positionspapier zur Einführung einer allgemeinen und globalen Finanztransaktionssteuer auf den Tisch. Österreichs Idee: Besteuert man europaweit alle Aktien, Schuldverschreibungen und Derivate, also beispielsweise Wetten auf Rohstoffpreise mit 0,01 bis 0,05 Prozent, könnten bis zu 250 Milliarden Euro an Einnahmen erzielt werden; ohne die Realwirtschaft zu schädigen. Gehalts- oder Sparkonten sind von der Steuer ausdrücklich ausgenommen. Die Steuer soll also punktgenau die Zielgruppe treffen, argumentiert Finanzminister Josef Pröll: Er wollen Bewegung hineinbringen und deshalb lege er dieses Modell vor.

Rehn bemüht sich um neutrale Position

Sand ins Getriebe streut ausgerechnet die EU-Kommission. Die Behörde hat erst vor kurzem in einem Papier vor allem negative Auswirkungen einer Finanztransaktionssteuer beschrieben. Olli Rehn, zuständiger Kommissar für Wirtschafts- und Währungsfragen, bemüht sich heute hörbar um eine neutrale Position: "Wir wollen uns die Finanztransaktionssteuer gerne anschauen. Wir haben bereits eine Bankensteuer vorgeschlagen, um sicherzustellen, dass die Finanzwirtschaft als Verursacher der Krise auch an den Kosten beteiligt wird. Ich freue mich auf diese wichtige Diskussion heute."

Auch Europaparlament vertreten

Kein Schaden ist es, den Dritten im Bunde, das Europaparlament, heute direkt mit am Tisch zu haben. Vizepräsidentin Diana Wallis, britische Liberale, ist zwar zur Aussprache über Ratingagenturen und Hedgefonds geladen, hört aber wohl auch bei der Steuerfrage interessiert mit. Zumal eine Finanztransaktionssteuer auch immer wieder als neue Einnahme für die EU diskutiert wird.