Grüner ESM-Deal mit Rot-Schwarz

Die Grünen wollen gemeinsam mit SPÖ und ÖVP nicht nur den Europäischen Haftungsmechanismus ESM im Parlament absegnen, sondern vorher auch noch eine europäische Finanztransaktionssteuer auf den Weg bringen. Und zwar über die "verstärkte Zusammenarbeit" mit acht anderen EU-Staaten.

Mittagsjournal, 15.6.2012

Auftakt in neun Staaten

Den EU-Finanzministern und dem EU-Steuer-Kommissar ist in diesen Tagen ein besonderer Brief ins Haus geflattert. Mit dem Briefkopf des Finanzministeriums, unterzeichnet von Ressortchefin Maria Fekter (ÖVP), Staatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) und dem stellvertretenden Grünen-Chef Werner Kogler. Deren gemeinsamer Vorschlag an die EU-Kollegen: Der Europäische Rat möge Ende Juni den Vorschlag der Kommission für eine Finanztransaktionssteuer ablehnen - weil sie EU-weit nicht durchsetzbar ist - und gleichzeitig grünes Licht für die Umsetzung der Steuer in neun EU-Staaten, darunter Österreich, geben. Enhanced Cooperation - verstärkte Zusammenarbeit - das ist das Stichwort. Das sei jetzt das Verhandlungsziel, sagt der Grüne Werner Kogler. "Möglicherweise haben wir das in einem Monat fertig."

Bedingung für Österreichs Ja zu ESM

Denn auch Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Griechenland, Belgien und Finnland hätten sich schon für die Finanztransaktionssteuer ausgesprochen, so Kogler. Er möchte diese acht oder auch mehr innerhalb von vierzehn Tagen an Bord haben: "Ja, wir halten das für realistisch." Das sei aber auch eine Voraussetzung. Denn ohne glaubwürdige Schritte zur Spekulationsbekämpfung würden die Grünen hier nicht weitermachen. Sprich: vom Gelingen dieses Plans hängt ab, ob Österreich dem ESM-Vertrag zustimmt. Darauf weist Finanzministerin Fekter ihre EU-Kollegen ausdrücklich hin.

Weitere Bedingungen

Die Grünen haben zwei weitere Bedingungen für ihr Ja zum ESM formuliert: Es müsse einen Konvent über die Schaffung von Eurobonds geben und die europäischen Mittel für Investitionen seien aufzustocken. Zu diesen Punkten müsse es mindestens einen gemeinsamen Entschließungsantrag geben, so Werner Kogler. Das mit SPÖ und ÖVP verhandelte Modell zur Mitwirkung des Parlaments verteidigt er: "Das Plenum des Nationalrats wird bei wesentlichen Entscheidungen eingebunden sein und das gibt es sonst nirgends in Europa." Nur was sensible Märkte betreffe, solle es Geheimhaltung geben. Wenn es aber um Aufstockungen und Rettungsprogramme gehe, sei die Zustimmung des Nationalrats in aller Öffentlichkeit erforderlich.

Grüner Druck bei Transparenz

BZÖ und FPÖ sprechen ja von einer Schein-Einbindung des Parlaments, beide Fraktionen verhandeln über nichts mehr mit der Regierung. Wie nützen die Grünen diese neue Verhandlungsmacht etwa beim Transparenzpaket? Kogler: "Das wird nächste oder übernächste Woche so kommen. Blau und Orange haben hier ohnehin nie eine große Rolle gespielt. Wenn sie jetzt nicht mehr stören - umso besser." Offen seien noch die Themen Strafbestimmungen und Kontrolle und das Schließen der letzten Schlupflöcher. Auch Inserate für Parteizeitungen müssten deklariert werden. "Wir werden uns durchsetzen", und eines der strengsten Transparenzgesetze Europas schaffen, klopft sich der Grüne Vize-Chef schon einmal auf die Schulter.