Studie: Mehrheit will mehr direkte Demokratie
Was tun gegen die weit verbreitete Politikverdrossenheit? Jene, die nach mehr direkter Demokratie rufen, bekommen Rückendeckung. Eine Studie, die von der Universität Graz gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut Ifes durchgeführt wurde, zeigt: Die Mehrheit in Österreich spricht sich für mehr direkte politische Mitsprache aus.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 29.10.2012
80 Prozent wollen mehr direkte Demokratie
Der Ausbau der direkten Demokratie in Österreich ist wünschenswert, sagen acht von zehn Befragten in Österreich, quer durch alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen. Für die Studie, die das Soziologie-Institut an der Grazer Karl-Franzens-Universität gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut IFES durchgeführt hat, wurden im August und September des heurigen Jahres 2000 Personen befragt.
Zwei Drittel mit Politikern unzufrieden
Besonders starke Befürworter von mehr direkter Demokratie sind politisch interessierte Menschen und mit der derzeitigen Demokratie Unzufriedene. Und derer gibt es einige: Zwei Drittel der Bevölkerung sind nicht damit zufrieden, wie die gewählten Politiker agieren, mehr als die Hälfte haben von der Arbeit des österreichischen Nationalrats einen schlechten Eindruck. Immerhin ein Drittel der Bevölkerung hat überhaupt kein Interesse an Politik, noch größer ist der Anteil bei den Unter-30-Jährigen.
Mitsprache weckt Interesse
Das Interesse an Politik würde aber steigen, wenn die Bevölkerung mehr mitzureden hätte, sagen 76 Prozent der Befragten. 71 Prozent sagen, dann gebe es mehr Zufriedenheit mit dem politischen System und bessere Entscheidungen zum Wohle des Landes. Ebenfalls die große Mehrheit sagt, die Bevölkerung sei durchaus in der Lage, sich auch bei komplexen Fragen ein Urteil zu bilden. Allerdings sollte nicht über alle Themen abgestimmt werden, Beispiel: eine Abstimmung über EU-Austritt ja, eine Abstimmung über die Todesstrafe: nein.
Keine Entmachtung des Parlaments
Studienautor Max Haller von der Universität Graz sieht in all dem eine Bestätigung dafür, dass die Direkte Demokratie ausgebaut werden müsse. Instrumente wie Volksabstimmung, Volksbegehren und Volksbefragung sollten häufiger eingesetzt werden. Dass damit das Parlament entmachtet werden würde, wie von Skeptikern oft vorgebracht, glaubt er nicht: Denn Volksentscheidungen würde es höchstens ein-, zweimal im Jahr geben, die Parlamentarier würden aber weiterhin über hunderte Gesetze im Jahr entscheiden. Haller erklärt: "Trotzdem hat das Parlament noch sehr viel zu tun. Außerdem können die Abgeordneten in die Diskussion für eine Volksabstimmung einbezogen werden, sie können sich dort auch einbringen. Wir glauben, dass das politische Interesse insgesamt erhöht wird, vielleicht auch die Wahlbeteiligung wieder zunimmt oder zumindest nicht weiter sinkt, und damit würde das Parlament auch direkt davon profitieren."
Grundsätzlich ist er dafür, alle Themen zuzulassen. Heikle Fragen sollte der Verfassungsgerichtshof vorab prüfen, ob sie für eine Volksabstimmung geeignet sind.