Mindestsicherung: Noch immer viele Hürden

Vor drei Jahren hat die bedarfsorientierte Mindestsicherung die Sozialhilfe abgelöst. Doch Zehntausende, die einen Anspruch auf Mindestsicherung hätten, erhalten sie nicht, kritisiert nun die Armutskonferenz. Laut ihren Berechnungen erhält in Kärnten nur einer von fünf Anspruchsberechtigten tatsächlich die Mindestsicherung. In Nieder- und Oberösterreich sieht es ähnlich aus.

Morgenjournal, 19.8.2013

Scham, Unwissen, Bürokratie

Dass nicht alle, die Anspruch auf die bedarfsorientierte Mindestsicherung hätten, sie auch bekommen, hat mehrere Gründe, sagt Martin Schenk von der Armutskonferenz. Viele stellten aus Scham keinen Antrag, gerade in kleinen Gemeinden, wo jeder jeden kennt, so Schenk. Dazu komme Unwissenheit. Doch zum überwiegenden Teil liege das Problem bei den zuständigen Ämtern. Dort würden Betroffene oft schikaniert, kritisiert Schenk. "In dem einen Amt bekommen sie's, im anderen nicht." Oft liege nur eine Bezirks- oder Bundesländergrenze dazwischen.

Voraussetzungen "überall gleich"

In Oberösterreich haben laut Armutskonferenz im Jahr 2011 nur 24 Prozent der Anspruchsberechtigten die Mindestsicherung bekommen. Für das Vorjahr liegen noch keine österreichweiten Zahlen vor. Michael Wall von der Sozialabteilung des Landes Oberösterreich verweist darauf, dass die Zahl der Mindestsicherungsbezieher monatlich steigt. Den Vorwurf, dass Sozialämter willkürlich handeln, weist er zurück. Man habe mit allen Bezirksverwaltungsbehörden in OÖ tagelange Schulungen abgehalten, alle Bearbeiter seien daher auf gleichem Stand.

Ähnlich das Bild in Niederösterreich. Dort bekomme nicht einmal jeder dritte Anspruchsberechtigte die Mindestsicherung, so die Berechnung der Armutskonferenz. Andreas Haiden von der niederösterreichischen Sozialabteilung versichert aber, dass in NÖ jeder die Mindestsicherung erhalte, der die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Für die Behörden gebe es klare Vorgaben, "und das ist in allen Bezirken gleich".

Angst um Haus und Grund

Generell wird die Mindestsicherung öfter in der Stadt in Anspruch genommen. Das zeigten die Wiener Zahlen, so Schenk. Dort bekommen 77 Prozent der Menschen, die unter der Mindestsicherungsschwelle liegen die Leistung tatsächlich. Das liege zum Teil an der Anonymität, so Martin Schenk. Es liege aber auch daran, dass am Land mehr Menschen ein Haus besitzen. Sie hätten oft Angst, ihr Haus sofort zu verlieren. "Das Sozialamt trägt sich ins Grundbuch ein, allerdings erst nach sechs Monaten." Damit gebe es für Soforthilfe eine gewisse Frist, das wüssten aber viele nicht. Dass man in dieser Zeit finanziell wieder auf die Beine kommt, sei sehr wahrscheinlich, so Schenk. Durchschnittlich würde die Mindestsicherung nur sechs bis sieben Monate bezogen.

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