"Im Ö1-Journal zu Gast"
Rudolf Thienel, Neuer Verwaltungs-Gerichtshof-Präsident
Der neue Präsident des Verwaltungsgerichtshofs, Rudolf Thienel kritisiert, dass es in Österreich zu viele Gesetze gibt. Die Vorschriften seien in den meisten Fällen juristisch und sprachlich gut formuliert - nur eben zu zahlreich, so Thienel im Ö1 Journal zu Gast.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 4.1.2014
Der neue Präsident des Verwaltungsgerichtshofs, Rudolf Thienel, im Gespräch mit
(c) Lechner, APA
Zu viele komplexe Gesetze
Österreich hat drei Höchstgerichte: Den Obersten Gerichtshof - zuständig für Strafverfahren und Zivilklagen, den Verfassungs- und den Verwaltungsgerichtshof, VwGH. Letzterer hat seit drei Tagen einen neuen Präsidenten: Rudolf Thienel, bisher schon Vizechef des Hauses und davor lange Jahre an der Universität tätig.
Der neue Präsident äußert sich im Ö1-Gespräch zu Proporz, der Qualität von Gesetzen und Kernaufgaben des Staates. Einer seiner Kritikpunkte: die Qualität und die Quantität der Gesetze. Es gebe sehr viele Gesetze, die dem Trend der Zeit entsprechend sehr kompliziert seien, was Bürgern, Behörden und Unternehmen große Schwierigkeiten bereite.
Vereinfachen oder abschaffen
Generell meint Thienel, es gebe wahrscheinlich zu viel Staat in Österreich. Wichtig sei es deshalb im Zuge einer Verwaltungsreform zu überlegen, ob man nicht auf einzelne Gesetze überhaupt verzichten könne, oder ob man sie zumindest vereinfacht. Positiv erwähnt Thienel hier die Absichtserklärung der Koalition, das Einkommenssteuerrecht einfacher zu gestalten.
Handlungsbedarf sieht der neue Verwaltungsgerichtshofpräsident etwa im öffentlichen Vergaberecht, das zu komplex sei, selbst bei kleineren Vergaben. Das sei ein großes Problem für kleine öffentliche Auftraggeber, wie kleine Gemeinden, oder kleine und mittlere Unternehmen.
Der gebürtige Wiener Rudolf Thienel hat den Langzeit-Präsidenten Clemens Jabloner abgelöst, der in den Ruhestand getreten ist. Thienel ist 53 Jahre alt - er war vor seiner Höchstrichterkarriere Vorstand des Instituts für Verfassungs- und Verwaltungsrecht der Universität Wien. Er tritt sein Amt zu einem Zeitpunkt an, wo die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf ein völlig neues System mit insgesamt elf Verwaltungsgerichten erster Instanz umgestellt worden ist.