Stiefkind Rot-Weiß-Rot-Karte

Die Rot-Weiß-Rot-Karte, die Schlüsselarbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten nach Österreich bringen soll, ist auch dreieinhalb Jahre nach ihrer Einführung im Juli 2011 nicht der große Renner. Laut den jüngsten Zahlen aus dem Sozialministerium wurde die Karte heuer bis Ende November 1.500-mal bewilligt, von den angepeilten 8.000 Bewilligungen pro Jahr ist man weit entfernt. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat nun genau unter die Lupe genommen, woran es bei der Rot-Weiß-Rot-Karte hapert.

Morgenjournal, 16.12.2014

1.500 gut- und höchstqualifizierte Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten haben heuer eine Rot-Weiß-Rot-Karte bekommen. Allerdings haben wesentlich mehr eine solche beantragt. Nach Ansicht von Thomas Liebig, Migrationsexperte bei der OECD, werden damit in Österreich im internationalen Vergleich relativ viele Anträge abgelehnt. Nur jeder dritte Migrant, der einen Antrag gestellt habe, komme auch nach Österreich.

Besonders hoch ist die Zahl der Ablehnungen bei den sogenannten Mangelberufen. Der Grund sind aber nicht etwa zu streng agierende Behörden, so Thomas Liebig: teils sei es auch ein Informationsdefizit der Antragsteller.

Deutschkenntnisse zu wenig gewürdigt

Bewerber müssen bestimmte Kriterien wie Ausbildung, Alter und Sprachkenntnisse, nach einem Punktesystem erfüllen, um in Österreich arbeiten zu dürfen. Aber auch dieses Punktesystem ist für den Migrationsexperten der OECD mangelhaft. Für Deutschkenntnisse würden nämlich zu wenige Punkte vergeben, das sei aber für die Arbeitgeber wichtig.

Verwundert sei er auch, so Thomas Liebig, dass Bewerber noch vor der endgültigen Zusage, die Rot-Weiß-Rot-Karte zu bekommen, bereits eine Wohnung in Österreich haben müssen.

In diesen Punkten gelte es, die Rot-Weiß-Rot-Karte wörtlich nachzujustieren. Die genauen Empfehlungen der OECD wird Thomas Liebig heute Vormittag bei einer Pressekonferenz präsentieren. Sie wird im Sozialministerium stattfinden, Sozialminister Rudolf Hundstorfer von der SPÖ, der nicht dabei sein wird, hat Änderungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte bis jetzt immer abgelehnt.

Für Thomas Liebig steht aber fest, dass mit der jetzigen Regelung der Bedarf an gut- und hochqualifizierten Arbeitskräften offenkundig nicht abgedeckt werden kann. 40 Prozent der österreichischen Arbeitgeber berichten über Schwierigkeiten offene Stellen zu besetzen, das sei deutlich über OECD-Schnitt.

Keinen Änderungsbedarf sieht der Migrationsexperte übrigens beim Mindesteinkommen, das Bewerber vorweisen müssen, je nachdem ob Jungakademiker oder Schlüsselkraft in unterschiedlicher Höhe ab 2.000 Euro. Dieses Kriterium werde in den meisten Fällen erfüllt, so der OECD-Experte. Das Mindesteinkommen zu senken, wie zum Beispiel von der ÖVP gefordert, hält Thomas Liebig also nicht für notwendig.