Dmitry Firtash: Entscheidung über Auslieferung

Der ukrainische Milliardär Dmitry Firtash ist der vermutlich reichste Mann, der je in einem österreichischen Gefängnis gesessen ist. Seine Kaution, um wieder frei zu kommen: 125 Millionen Euro. Grund für die Festnahme war ein Haftbefehl aus den USA. Heute - mehr als ein Jahr später - wird am Landesgericht Wien verhandelt, ob Firtash in die USA ausgeliefert wird. Vorgeworfen wird ihm die Bestechung von indischen Politikern und Beamten in Millionenhöhe.

Morgenjournal, 30.4.2015

Titan-Abbau

Laut der vorläufigen Anklage aus den USA gehören zum Imperium von Dmitry Firtash mindestens 127 Firmen, darunter 14 Firmen in Österreich. Die Vorwürfe Geldwäsche und Bestechung aber beziehen sich auf Indien. 18,5 Millionen Dollar an Bestechungsgeldern sollen geflossen sein, damit die Group Dmitry Firtash dort Genehmigungen zum Abbau des Metalls Titan bekommt. Und was haben die USA damit zu tun? Der Flugzeughersteller Boeing sollte einer der Hauptabnehmer werden. Laut dem 32-seitigen Auslieferungsansuchen, das Ö1 von der amerikanischen Justiz erhalten hat, hat es sogar ein Übereinkommen gegeben zwischen einer Wiener Firtash-Firma und Boeing, nämlich dass Boeing jährlich 20.000 Tonnen Titan für den Flugzeugbau kaufen könnte.

Außerdem sollen über die USA und aus den USA Bestechungsgelder geflossen sein, in Richtung indische Zentralregierung und vor allem in Richtung eines verstorbenen Regierungschefs des indischen Bundesstaats Andhra Pradesh. Die Bestechungszahlungen seien verschleiert worden - 100.000e Euro sind laut Anklage über Handelsfirmen, zum Beispiel über Bekleidungsfirmen geflossen.

Darf Österreich nicht verlassen

Neben dem Hauptbeschuldigten Firtash werden fünf weitere Personen beschuldigt, darunter auch Inder. Und es werden weitere beteiligte Personen als Zeugen für die angeblichen Bestechungszahlungen erwähnt, ob darunter auch Mitarbeiter von Boeing sind, ist unklar. Weiters ist die Rede davon, dass die Beschuldigten in den USA telefoniert und bei der Planung der Geldwäsche Emails verschickt hätten. Aber ob das FBI Telefone abgehört und E-Mail-Verkehr sichergestellt hat, ist unklar. Denn alle Seiten geben sich vor der heutigen heiklen Verhandlung zugeknöpft und wollen keine Interviews geben.

Laut Juristen prüft das Gericht heute auch nicht, ob die amerikanische Justiz genug Beweise hat. Es gehe nur darum, erstens ob derartige Bestechungs-Vorwürfe auch in Österreich strafbar wären, das wären sie wohl - und zweitens, ob Firtash von den USA aus politischen Gründen verfolgt wird. Genau da dürften seine Verteidiger ansetzen und das Ganze als amerikanische Intrige darstellen. Firtash hat in Wien einen ganzen Stab an Beratern und Anwälten versammelt, allen voran Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer. Vermutlich wird die Verteidigung argumentieren, dass die USA wirtschaftliche und politische Interessen in der Ukraine verfolgen und dazu Druck auf den mächtigen Oligarchen Firtash ausüben wollten. In früheren Interviews hat es sinngemäß geheißen, die Anklage sei konstruiert, geradezu an den Haaren herbei gezogen. Das Titanprojekt sei gar nicht zustande gekommen und die anderen Beschuldigten außer Firtash würden auch nicht strafrechtlich verfolgt.

Übrigens durfte Firtash Österreich seit seiner Enthaftung gegen 125 Millionen Euro vor mehr als einem Jahr nicht verlassen. Er musste sein Firmen-Imperium von hier aus führen.