Da capo: Im Gespräch

"Der Film ist ein modernes Medium, aber unsere kuratorische Haltung ist konservativ." Wolfgang Beyer spricht mit Alexander Horwath, Direktor des Österreichischen Filmmuseums

Vor 50 Jahren, im Frühjahr 1964, gründeten zwei junge Wiener, beide in ihren späten Zwanzigern, gemeinsam mit der Österreichischen Hochschülerschaft das Österreichische Filmmuseum: der Kunststudent und spätere Avantgardefilmer Peter Kubelka, und Peter Kronlechner, Student der Nachrichtentechnik an der TU Wien.

Zum Vorbild nahmen sie sich die Filmmuseen von London und Paris. Den Film erachteten sie als die wichtigste Ausdrucksform der Moderne. Ihr Ziel war es, dessen gesamte Vielfalt auch in Österreich zu präsentieren und zu sammeln. Doch ihre Auffassung, dass der Film als Kunstform gleichrangig neben anderen Künsten wie etwa der Malerei oder der Literatur stehen sollte, stieß im Österreich der frühen 1960er Jahre zunächst auf wenig Verständnis.

Allen Widernissen zum Trotz entstand aus der studentischen Euphorie sehr schnell eine ernstzunehmende und ernstgenommene Institution. Originelle Retrospektiven wie etwa jene über die Marx Brothers im Jahr 1966, anlässlich derer Groucho Marx sogar persönlich zum Filmfestival "Viennale" nach Wien kam, brachten auch internationales Ansehen.

Später bewunderten Cineasten die "revolutionäre Sehmaschine", die Peter Kubelka 1989 eröffnete. Im sogenannten "Unsichtbaren Kino" - einem völlig schwarz gehaltenen Kinosaal - sollten die Zuschauerin und der Zuschauer in Ermangelung jeglicher Ablenkung völlig in den Film abtauchen können. Eine "Gebärmutter des Sehens" sei dieser Raum, titelte das deutsche Magazin "Der Spiegel" damals begeistert. Kubelka und Kronlechner leiteten das Filmmuseum bis zum Jahr 2001. Ihr Nachfolger wurde Alexander Horwath, der dem Filmmuseum bis heute vorsteht.

Im Gespräch mit Wolfgang Beyer erzählt er, dass er viele Kinogeherinnen und -geher getroffen hat, die im Filmsaal unbedingt in der erste Reihe Mitte sitzen und völlig im Film versinken möchten. Er selbst sitze lieber weiter hinten, denn mit etwas mehr Distanz könne er zwei Wirklichkeiten gleichzeitig erleben: jene des Filmes und jene des sozialen Raumes, in dem er sich befindet. Eben das Besondere des Kinos als Ort der zwei Welten.

Horwath, der im Gründungsjahr des Filmmuseums in Wien geboren wurde, studierte Theaterwissenschaften, war als Filmkritiker tätig und von 1992 bis 1997 Leiter der "Viennale". 2007 war er Kurator des Filmprogramms auf der Documenta 12. Ein Angebot des New Yorker Museum of Modern Art, Leiter des Filmdepartments zu werden, schlug er vor einigen Jahren aus. 2014 kuratierte er im MOMA in New York die zweimonatige Retrospektive "Vienna unveiled - A City in Cinema".

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Fünfzig Jahre Österreichisches Filmmuseum 1964 - 2014. Geschichte und Gegenwart des Filmmuseums in drei Akten, Verlag FilmmuseumSynemaPublikationen

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