Allmähliche Steigerung
Du entkommst mir nicht
"Es begann ganz harmlos. Er wollte mich küssen und ich sagte nein. Er nickte und lächelte so komisch." Was folgt, ist eine Serie von immer bedrohlicher werdenden "Annäherungsversuchen". Seit knapp zwei Jahren ist Stalking auch in Österreich strafbar.
8. April 2017, 21:58
Das Phänomen Stalking wurde von der Forschung erst Anfang der 1990er Jahre entdeckt. Der Begriff leitet sich vom englischen "to stalk" ab, einem Begriff aus der Jägersprache und bedeutet "sich heranpirschen", "belauern". Gemeint ist damit, dass die gestalkte Person - ob nun Promi, Ex-Beziehungspartner oder "Objekt der Begierde" - wiederholt in verschiedener Form kontaktiert, belästigt oder gar bedroht wird.
Typisch dabei ist, dass die meist männlichen Stalker immer mehrere Formen der Belästigung anwenden. Oftmals steigern sich auch Art und Häufigkeit der Belästigungen im Laufe des Stalkings. Allein die durchschnittliche Dauer beträgt 25 Monate.
Stalker-Typen
Die Forschung unterscheidet heute fünf verschiedene Stalkertypen auf Grund ihrer Beweggründe.
Sehr oft stalken Ex-Beziehungspartner. Sie sind von Rachegefühlen oder dem Wunsch, die Beziehung wiederherzustellen, motiviert. So genannte "räuberische Stalker" ziehen ihre Befriedigung aus der Ausübung von Macht und Kontrolle und können gewalttätig werden. Stalker im "Liebeswahn" suchen eigentlich Nähe und Liebe.
Sozial inkompetente Stalker glauben zwar nicht, dass ihre Gefühle je erwidert werden könnten, wollen ihr "Objekt der Begierde" aber dennoch als Partner haben. Schließlich gibt es noch von Ressentiments getriebene Stalker, die Angst und Schrecken verbreiten - oftmals bei Ärzten oder Rechtsanwälten, von denen sie sich falsch beraten oder behandelt fühlen.
Ab wann ist es Stalking?
Grundsätzlich macht das Allmähliche das Phänomen Stalking so schwer fassbar. Wenn ein Ex-Partner nach der Trennung mehrfach anruft und nicht wahrhaben will, dass die Beziehung beendet ist, denkt man nicht gleich an Stalking. Wenn ein "Verehrer" Blumen schickt, die Angebetete wiederholt einladen will, ihr seine Liebe gesteht oder Orte aufsucht, an denen er sie treffen könnte, will man auch noch nicht von Stalking sprechen.
Erreichen die Stalker ihr Ziel jedoch nicht, bleibt es nicht bei solch harmlosen Versuchen der Kontaktaufnahme. Dann werden die Methoden subtiler, bedrohlicher und können sogar tödlich enden. Jedem fünften Beziehungsmord geht Stalking voraus.
Frühe Anzeichen
Sind Stalker ehemalige Beziehungspartner, gibt es oft schon lange vor der Trennung Anzeichen, die auf eine Persönlichkeitsstörung hinweisen. Noch in der Beziehung versuchen die späteren Stalker ihre Partner zu destabilisieren - mit dem Ziel, Macht über sie zu gewinnen. Typisch ist beispielsweise übertriebene Eifersucht, es können aber auch böswillige Anspielungen, verachtendes Verhalten, sich verweigerndes Schweigen oder Vorwürfe Anzeichen einer Strategie der Unterwerfung sein. Der aggressive Partner treibt den anderen dabei immer mehr in die Enge und impft ihm zugleich Schuldgefühle ein. Jede Schwachstelle des Partners wird dabei ausgenutzt - ebenso wie beim späteren Stalking.
Wenn Stalker aber bisher genau wussten, wie sie sich am Rande des Gesetzes bewegen können, ist das beharrliche Verfolgen von Personen seit Juli 2006 strafbar. Ausschlaggebend ist, ob sich das Opfer in seiner Lebensführung spürbar beeinträchtigt fühlt oder nicht.
Mehr zu Stalking in oe1.ORF.at
Hör-Tipp
Hörbilder, Samstag, 30. August 2008, 9:05 Uhr
Buch-Tipp
Marie-France Hirigoyen, "Die Masken der Niedertracht", dtv
Links
stalking.at - Information und Hilfestellung für Opfer von Psychoterror
Psychotipps - Informationen für Stalkingopfer