Weder schnell noch langsam?

Andante und Prestissimo

Sätze mit der Bezeichnung Andante und Prestissimo laden zu verschiedensten (Tempo-) Interpretationen ein. Wir stellen dies exemplarisch vor - anhand des Andante con moto aus Felix Mendelssohns Vierter Symphonie, der "Italienischen".

Bernstein und Norrington dirigieren Mendelssohn

Beim Andante (von italienisch andare = gehen) scheiden sich die Geister. Wie schnell ist "gehend" oder "schreitend"? Schlägt man im Lexikon nach, findet man Formulierungen wie: "eine mittlere, gelassene, ruhige Bewegung, die weder als schnell noch als langsam empfunden wird". Weder schnell noch langsam - das gilt in der Musik für Trauermärsche, aber auch fröhliche Schreittänze oder aber ruhige, cantable Melodien.

Andante war lange Zeit (neben Adagio oder Lento) eine der Satzbezeichnungen für die langsamen Sätze in der Mitte (an zweiter oder dritter Stelle) der viersätzigen Sonaten, Symphonien oder Kammermusikwerke. Oftmals geben die Komponisten noch eine Zusatzbezeichnung, um Charakter und Tempo dieses "weder schnellen noch langsamen" Satzes besser anzugeben: canatbile oder con moto (mit Bewegung).

Äußerst verschiedene Interpretationen

Das verhindert nicht äußerst verschiedene Interpretationen: Mendelssohns Andante con moto etwa aus seiner berühmten Vierten Symphonie, der "Italienischen", wird von den einen als ein ruhig fließender, schwermütiger Gesang verstanden (etwa von Leonard Bernstein - Beispiel 1 unseres Audiofiles), von anderen aber als fast beschwingte, fröhliche Melodie (zum Beispiel Roger Norrington - Beispiel 2 des Audiofiles). Norrington lässt wie immer ohne Vibrato und viel nüchterner, schlanker spielen.

Hör-Tipp
Ausgewählt, jeden Mittwoch, 10:05 Uhr

CD-Tipps
Leonard Bernstein, New York Philharmonic, Symphonie Nr. 4, Sony, ASIN B000025MMH

Roger Norrington, Radio-Sinfonieorchester Stuttgart, Symphonien, Nr. 3 und 4, Hänssler, ASIN B0009MZ54K