Von "Almássy" bis "Zeneakadémia"
Donauabwärts ins Konzert
Hierzulande wird Budapest als Musikstadt noch erstaunlich wenig wahrgenommen. Und das, obwohl die ungarische Zwei-Millionen-Metropole zumindest für Ostösterreicher geografisch recht nahe liegt: Von Wien ist Budapest kaum weiter entfernt als Graz.
8. April 2017, 21:58
Das Schönste an Budapests Musikszenen ist ihre Unverwechselbarkeit. Zum einen liegt das an der Musik selbst: Moderne Klassiker wie Bartók und Kodály klingen genauso "ungarisch" wie World Music und Ethnojazz magyarischer Provenienz. Zu verdanken ist das dem Einfluss der traditionellen Musik, die sogar auf Rock und Elektronik abfärbt.
Zum anderen findet man in dieser größten Stadt Mitteleuropas eine Reihe von Konzerträumen, die allein als Sehenswürdigkeiten den Besuch lohnen. Die Franz-Liszt-Musikakademie ist ein Jugendstil-Juwel, wie es auch in Budapest kaum seinesgleichen kennt. Grüngoldenes Blattwerk überwölbt den Großen Saal der Akademie; er gilt als der Schauplatz ungarischer Musikgeschichte im 20. Jahrhundert. Einziges Manko: Für große Orchesterkonzerte war er immer schon zu klein.
Der "Palast der Künste"
Am Donauufer, einige Brücken südlich vom Zentrum, liegt der Prestige-Kulturbau des neuen Jahrtausends: Der "Müvészetek Palotája" ("Palast der Künste") umfasst das neue Ludwig-Museum, ein Festivaltheater und einen 1.800-Plätze-Saal: den "Béla Bartók Nationalen Konzertsaal". Damit hat Budapest sein "Klein-Barbican" bekommen, das dem Londoner Vorbild architektonisch sogar den Rang abläuft. Die Luftigkeit des verglasten Foyers, die vielen Sichtachsen in die Höhe und in die Weite laden zum Flanieren ein.
Im holzverkleideten Konzertsaal verbergen sich hinter den Wänden der Galerien so genannte "Klangkammern". Die einzelnen Täfelungen können beliebig weit aufgeschwenkt werden - das ergibt eine extrem wandelbare Akustik. Der Saal ist eine Schöpfung des weltbekannten Akustikers Russell Johnsohn.
"Ruinenclub" und schwimmendes Musiklokal
Aus Städten wie Amsterdam hat man die Idee übernommen, Clubs in Abbruchhäusern zu eröffnen. In Budapest gibt es solche Objekte im Überfluss: die Grundstücksspekulation blüht, und Investoren reißen durchaus renovierbare Häuser lieber ab, weil schnell hochgezogene Billigarchitektur höhere Renditen bringt.
Bevor die Bagger kommen, stellen Immobilienentwickler die alten Häuser nicht ungern Clubbetreibern zur Verfügung: Ein angesagtes Musiklokal bringt Publikum, das sich später vielleicht für Wohnungen in dem betreffenden Viertel interessiert. "Sie brauchen uns", stellen die "Westbalkan"-Erfinder ironisch fest.
Dieser "Ruinenclub" erstreckt sich in Zimmern und Sälen über drei Etagen. Eine Art Wintergarten aus transparentem gerilltem Kunststoff vorn am Gebäude, bunte Design-Lampen, eine Brokattapete wie aus einem Animierlokal der 1960er Jahre, das alles bietet den stimmigen Rahmen für die besten DJs und Live-Bands der Stadt.
Abseits des Mainstream
Die "Budapest Big Names" abseits des Pop-Mainstream verteilen ihre Auftritte aber über eine ganze Handvoll von Spielorten, die alle mehr oder weniger Mischprogramm fahren - vom Kulturzentrum "Almássy" über das "Merlin" mit seiner großzügigen weißen Lounge bis zum "A38 Hajó", dem der Preis für die beste Tonanlage gebührt. Beim "A38" handelt sich um ein sowjetisches Frachtschiff aus den 1960er Jahren, eine "Artemovszk 38", die zum schwimmenden Klub umgebaut wurde.
Es empfiehlt sich übrigens, nach Budapest ein Radio mitzunehmen. Der Roma-Stadtsender "Rádió C" hat auch unter Nicht-Roma viele Stammhörer. Und "Tilos Rádió" - "Verbotenes Radio" -, das älteste Freie Radio der Stadt, spielt eine Schlüsselrolle in der Budapester Kulturszene. Gemeinsamer Nenner der stilistisch vielfältigen Musik auf "Tilos": die durchgehend hohe Qualität.
Mehr dazu in oe1.ORF.at
Hör-Tipp
Spielräume, Sonntag, 26. August 2007, 17:30 Uhr
Links
Musikakademie Budapest
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West-Balkan
A38
Almássy Téri
Merlin
Kultiplex
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