Philosophie und Literatur der Romantik - Teil 1
Die Sehnsucht nach dem Unendlichen
Mit Romantik verbindet man meist etwas Stimmungsvolles, Verträumtes. Die Romantik beinhaltet aber auch andere Themen, wie die Sehnsucht nach einer Aufhebung der Entfremdung und die Gefährdung des Menschen, der die Normalität überschreitet.
17. Jänner 2014, 14:16
Radiokolleg, 16. April 2007
Zwischen 1790 und 1840 versammelte die Romantik eine Generation von Künstlern und Philosophen, die sich gegen die nüchterne, trockene Welt des Rationalen stellte. Die Romantik kann als Laboratorium der Moderne angesehen werden, wo lange vor Sigmund Freud die Grenzen der Rationalität ausgelotet wurden.
Die Produktionen des Unbewussten standen im Mittelpunkt romantischer Kunstausübung: Sie bezog sich auf Träume, Fantasien, Rausch und die Sehnsucht nach dem Absoluten. Das Ziel war die Verzauberung des öden Alltagslebens.
Ein Sammelbecken unterschiedlicher Haltungen
Der Begriff Romantik geht auf das altfranzösische Wort "romanz" zurück, das die Versromane und Prosaepen der Provence bezeichnete. Die Dichtungen dieser Volkssprache, die meist von Rittern handelten, erhielten den Namen "Romanzen"; das Wort "Roman" ging daraus hervor.
In den einzelnen Nationalkulturen präsentierte sich die Romantik in unterschiedlichen Ausformungen. Sie war ein Sammelbecken divergierender Haltungen: Die Französische Revolution, die Legitimität des Staates, die Religion oder die Liebe wurden verschieden bewertet
Die Symphilosophie der Frühromantiker
Das Zentrum der Frühromantik waren Jena und Berlin, wo die Brüder August Wilhelm Schlegel - der Übersetzer von Shakespeares Werken - und Friedrich Schlegel Schriftsteller und Philosophen wie Ludwig Tieck, Friedrich Schleiermacher oder Novalis um sich versammelten. In diesem Kreis herrschte der Geist der "Symphilosophie" - des gemeinsamen Gedankenaustausches - der die Grenzen von strenger Wissenschaft und Poesie sprengte. Die Brüder Schlegel plädierten für eine "eigentümlich moderne, nicht nach den Mustern des Altertums gebildete, universelle Poesie", die sich durch "ein rastloses, unersättliches Streben nach dem Neuen, Piquanten und Frappanten" auszeichnet.
Die Heilung des "Risses im Sein" bietet die Kunst: "Die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort", schrieb der Dichter Joseph von Eichendorff. Das Absolute öffnet sich nur der Kunst, die den durch die Trennung Subjekt-Objekt verloren gegangenen Bezug wieder herstellt. Ähnlich sah dies der Philosoph Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, der sich ebenfalls an der Symphilosophie der Frühromantiker beteiligte.
Das Symbol für die Sehnsucht nach dem Höchsten ist die "blaue Blume". Novalis, die mythenumrankte Gestalt der Romantik, verstand darunter die Suche nach der Utopie des Idealen, der Vollkommenheit und des Schönen.