Freiburger Barockorchester spielt Zeitgenössisches
Neues für Barockorchester
"About Baroque" heißt das Projekt, in dessen Rahmen zeitgenössische Komponisten neue Stücke mit und für das Freiburger Barockorchester entwickelt haben. Unter demselben Namen liegt nun eine CD-Dokumentation der bemerkenswerten Kompositionen vor.
8. April 2017, 21:58
Irgendwie scheint um diese Jahreszeit die Welt immer eine besonders barocke zu werden. Es liegt natürlich daran, dass wir auf die Osterfeiertage zusteuern, und das wiederum in der Musikwelt dafür sorgt, dass man mit Passionsmusiken dem liturgischen Jahreskreis gerecht wird. Das wieder sorgt dafür, dass zwischen Bachschen Johannes- und Matthäuspassionen sich ein barockes Sinnentheater der Reflexion und Leidenschaft, des Leidens und Erlöstwerdens auftut.
Das Freiburger Barockorchester ist für solche Ereignisse Spezialist - derzeit spielt es unter der Leitung von René Jacobs in der Wiener Osterklang-Produktion von Händels "Giulio Cesare in Egitto". Für das Projekt mit dem Titel "About Baroque" spielen die Alte-Musik-Experten allerdings Neues: Das Unterfangen besteht darin, dass dieses Ensemble Werke für sich und ihr Instrumentarium bei Zeitgenossen in Auftrag gibt.
Die CD zur Serie
Vor kurzem ist eine CD zur Serie "About Baroque" erschienen. Das Freiburger Barockorchester spielt Musik von Michael van der Aa, Juliane Klein, Nadir Vassena, sowie Benjamin Schweitzer und Rebecca Saunders. Und beim letztjährigen Donaueschingen wurde die Serie fortgesetzt - unter anderem mit Martin Smolka und Wolfgang Mitterer.
Die Komponisten wurden vom Freiburger Barockorchester nicht nur eingeladen, etwas für sie zu schreiben, sondern auch zu längeren Phasen der Zusammenarbeit gebeten. Das sollte den Komponisten die Möglichkeit geben, einen intensiveren Zugang nicht nur zum Instrumentarium, sondern auch zum Gestus der Spieler, zur Spielpraxis, zur Kommunikation und Idiomatik dieses Barockorchesters zu bekommen; nicht zuletzt eine Strategie, die verhindern will, dass die Instrumente der "Alten Musik" bloß zum Exotikum der "Neuen Musik" werden.
Unterschiedliche Zugänge
Die Komponisten dankten es mit sehr unterschiedlichen Stücken, von denen manche, wie jenes von Wolfgang Mitterer zum Beispiel, sehr direkten Bezug zur barocken Musiksprachmodellen nehmen. Andere, wie das von Rebecca Saunders, nehmen so gut wie gar keinen Bezug, aber immer überträgt sich die besondere Phrasierungskunst und Detailliebe der auf Barockes spezialisierten Musiker, auch deren durchs Kadenzenextemporieren geschulte Improvisationskunst.
Wolfgang Mitterer lässt die Musiker mit und gegen barockes Zuspiel anspielen, Passagen aus Telemanns Wassermusik dienen als akustische Partitur. Nicht immer klingen die Stücke auch so barock wie in diesem Fall. Die Britin Rebecca Saunders experimentiert innerhalb ihrer eigenen zeitgenössischen Musiksprache mit den Artikulations- und Intonationsfeinheiten dieses Orchesters.
Gestaltungsfreiräume für Musiker
Der 1973 geborenen deutsche Komponist Benjamin Schweitzer wählte - im Vergleich zu Mitterer und Saunders - eine Art Mittelweg: Sein Stück klingt barocker als jenes von Saunders und dennoch in seiner Klanglichkeit eindeutig nach Zeitgenössischem. Er ließ sich unter anderem von den großen Gestaltungsfreiräumen inspirieren, die auf Barockes spezialisierte Musiker anwenden müssen, wenn eine schlichte Generalbasslinie plus Melodie die Vorgabe für das Musizieren einer Gruppe von Musikern ist.
Seine Partitur ist sparsam, lässt vieles frei, lässt die Musiker den Klängen nachhören, sie weiterspinnen, und gibt dann doch manchmal energische rhythmische Strukturen vor.
Hör-Tipp
Zeit-Ton, Donnerstag, 5. April 2007, 23:05 Uhr
CD-Tipp
"About Baroque", Neue Kompositionen für das Freiburger Barockorchester, Harmonia Mundi, HMC905187.88
Link
Freiburger Barockorchester
Harmonia Mundi